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Beten ist Beziehungspflege - Beziehungspflege mit Gott Der Mensch ist ein Beziehungswesen. Er ist seelisch-geistig vernetzt – nicht nur mit anderen Menschen und sonstigen Geschöpfen, sondern – so glaubt der religiöse Mensch – auch mit seinem absoluten Ursprung, mit Gott. |
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Vielfalt von Beziehungsformen Ein Beziehungswesen braucht den Dialog, den Austausch, die gegenseitige Anteilnahme, das „Raum bekommen“ mit den eigenen Gedanken und Gefühlen im anderen und das „Raum geben“ dem, mit dem man sich innerlich verbunden weiß. Als Beziehungswesen existiert man nicht isoliert nur für sich, sondern entfaltet und entwickelt sich „solidarisch“, auch wenn die Werthaftigkeit dieser „Beziehung in Solidarität“ u. a. auch davon abhängt, dass jeder seine eigene Originalität und Einzigartigkeit entdeckt und annimmt und auch die dabei manchmal erlebte tiefe Einsamkeit annehmen und aushalten kann. Wo solche „Vernetztheit“
als lebendiger Anteil- nehmender Dialog sich entfaltet und gepflegt wird,
erfahren wir einerseits Bereicherung, Stärkung, Ermutigung und Tröstung und
andererseits auch Herausforderung, Wach-Gerufen-Werden, Kritik und damit
Impulse zum Um- und Weiterdenken und zu Verhaltensänderungen. Beziehungspflege braucht Zeit und mehr Um ähnliches geht es grundsätzlich auch
in unserer Beziehung zu Gott. Auch für diese Beziehungspflege braucht man
Zeit, Interesse, ein Sich-Innerlich-Öffnen, die Bereitschaft, sich
mitzuteilen und Freude an der Gemeinschaft, am Füreinander und Miteinander.
Ein guter Dialog besteht nicht darin, dass nur einer spricht und der andere
nur zuhört, sondern jeder Beteiligte darf sprechen und soll auch zuhören und
sich ansprechen lassen. Warum so viele Beter sagen, dass das Gespräch mit
Gott fast immer nur einseitig läuft, hängt meiner Meinung nach auch damit
zusammen, dass Jahrhunderte lang in der Gebetsunterweisung und in der
Glaubensverkündigung ein dritter wichtiger Teil ausgegrenzt wurde: Die
Schöpfung Gottes. Abgewertet als Herrschaftsfeld des Teufels, als
körperliche, materielle, irdische Welt, die angeblich nur der Vergänglichkeit
unterworfen sei, wurden die Christen meist taub gegenüber der Stimme Gottes
in seiner Schöpfung und in der Leibhaftigkeit des Menschen. Spirituelle Ansätze Auch wenn im Lauf der Kirchengeschichte
spirituelle Bewegungen auftauchten, die dieses Defizit erkannten und zu
überwinden suchten, wie z.B. Franz von Assisi, der in seinem Sonnengesang ein
geschwisterliches Verhältnis mit den anderen Geschöpfen ausdrückte oder
Ignatius von Loyola, der seinen Ordensbrüdern den Weg dafür wies, „Gott in
allen Dingen zu finden“, müssen wir doch sehen, dass diese Ansätze sich nicht
durchsetzten und die meisten Christen in ihrem Dialog mit Gott die Umwelt und
die Natur nicht als Medium der Beziehung erkennen konnten.
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Gott spricht durch die Schöpfung Diese Sprache der Dinge gibt es nicht nur
bei den Gegenständen der Natur, die uns umgeben, sondern auch bei den Organen
des Körpers und bei Krankheitssymptomen, wie sie in der psychosomatischen
Medizin verstanden werden. Diese interpretiert Krankheit auch als Symbol,
also als Mitteilung der Seele. In ähnlicher Weise kann man auch die
seelischen Kräfte, die Gefühle, als Signale des Unbewussten deuten. Dies
erfordert ein aufmerksames Hinhorchen und Hinspüren auf unsere Gefühle, um
ihre Botschaften zu deuten. Denn sie wollen uns letztlich helfen, uns selber,
oft auch unsere Vergangenheit, die uns prägt, und unsere Verbundenheit mit
unseren Vorfahren besser zu verstehen und zu begreifen. Spiritualität
bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem, sich selber ernst zu nehmen, d.h.
sich selber zu spüren und wahrzunehmen, sich mit den Botschaften und Signalen,
die aus der Welt unserer Gefühle und unseres Körpers kommen, verstehen zu
lernen und verantwortungsvoll damit umzugehen. Aber noch mehr bedeutet
Spiritualität, hinter diesen Botschaften der Körpers und der Psyche, hinter
der Schönheit und dem Wunder der Natur das Wohlwollen Gottes, seine
lebensbejahende Kraft, seine leise Stimme zu vernehmen, die uns ganz
persönlich meint, durch die wir uns in unserer menschlichen Einzigartigkeit
wahrgenommen, geachtet und angesprochen erleben. Hörendes Beten Solches „hörende Beten“ vollziehen wir im
stillen Verweilen, in einer inneren Wachheit nach außen und nach innen, im
inneren Offenwerden für die Bedeutung des Augenblicks, denn Seelen
kommunizieren nicht nur mit Worten. Verschiedene Formen von Meditation, von
Selbsterfahrungsübungen, Yoga und autogenes Training können wertvolle
Methoden unserer Zeit sein, um dieses innere Hören einzuüben. Auch wenn nicht
jede Meditation schon als Gebet bezeichnet werden kann, so sind solche
modernen Übungen, die Seele und Körper in einen inneren Dialog bringen, doch
oft sehr wertvolle Schritte zu dem, was im Gebet sich ereignen will: Den
Dialog mit dem Ewigen zu suchen und zu verwirklichen. Leben in der Gegenwart Gottes Von einem Pfarrer wird einmal berichtet,
dass er einen Bauern ansprach, den er immer wieder einmal allein in der
Kirche ohne Gebetbuch beim Beten sah, ob ihn ein besonderes Problem quäle,
das er vor Gott bringe. Darauf verneinte der Mann und sagte: „Ich bete ohne
Worte, ich schaue ihn an und er schaut mich an.“ Manche gläubige Menschen
haben das in ähnlicher Weise auch in ihrer alltäglichen Arbeit für sich
entdeckt: Ob an der Schreibmaschine oder am Kochtopf, im Auto oder an einer
Maschine stehend, bei der Gartenarbeit oder bei der Pflege eines Kranken, …
sie nehmen einfach innerlich ohne Worte Kontakt zu Gott auf. Sie machen sich
für einen Augenblick bewusst: Ich bin da und du bist da und das ist gut. Wir
nennen das auch „leben in der Gegenwart Gottes.“
Besondere Lern-Erfahrungen Während ich diese Zeilen in den Computer
tippe, springt gerade unsere Katze auf meinen Schreibtisch, schaut mich an,
berührt kurz sanft mit ihrem Kopf mein Gesicht und legt sich dann dicht an
die Tastatur. Das ist natürlich ein klares Zeichen, dass sie gestreichelt
werden will, d.h. sie will liebevoll von mir wahrgenommen werden. Ist das
ihre Weise zu beten? Auch sie will nicht nur leben und gefüttert werden, sie
will wahrgenommen werden und dazugehören und betreibt dafür eine
entsprechende Beziehungspflege. Und wenn sie fünf Minuten später mir die
Krallen zeigt, um ihren Unwillen auszudrücken, dass ich gerade keine Zeit
habe, sie in den Garten hinaus zu lassen, dann kann ich ihr nicht böse sein.
So wenig glaube ich, ist Gott uns Menschen böse, wenn wir einmal unwillig
oder wütend auf ihn sind, weil unsere Wünsche nicht so in Erfüllung gehen,
wie wir es gerne hätten. Kann man nicht auch von einem Geschöpf wie einer Katze
und ihrer seelischen Bedürftigkeit etwas lernen über die gesunde
„Beziehungspflege“ von uns Menschen mit unserem absoluten Ursprung, mit Gott?
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