Das Gewissen in den Aussagen von „Amoris Laetitia“
37. Wir tun uns … schwer,
dem Gewissen der Gläubigen Raum zu geben, die oftmals inmitten ihrer
Begrenzungen, so gut es ihnen möglich ist, dem Evangelium entsprechen und ihr
persönliches Unterscheidungsvermögen angesichts von Situationen entwickeln,
in denen alle Schemata auseinanderbrechen.
Wir sind berufen, die Gewissen zu bilden, nicht aber dazu, den Anspruch zu
erheben, sie zu ersetzen.
42 Es ist wahr, dass das
rechtschaffene Gewissen der Eheleute, wenn sie in der Weitergabe des Lebens
sehr großzügig gewesen sind, sie zu der Entscheidung führen kann, die
Kinderzahl aus genügend ernsten Gründen zu begrenzen, doch auch » dieser
Würde des Gewissens zuliebe lehnt die Kirche mit aller Entschiedenheit
Zwangseingriffe des Staates zugunsten von Verhütung, Sterilisation oder gar
Abtreibung ab «.[20]
222. » Die verantwortliche
Entscheidung für die Elternschaft setzt die Bildung des Gewissens voraus,
„die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit
Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist“ (Gaudium et spes, 16).
Je mehr die Eheleute versuchen, in ihrem Gewissen auf Gott und seine Gebote
zu hören (vgl. Röm 2,15) und sich geistlich begleiten lassen, desto
mehr wird ihre Entscheidung zuinnerst frei von subjektiver Willkür und von
der Anpassung an Verhaltensweisen ihres Umfelds sein. «[248]
Die klare Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils bleibt bestehen:
Beide sollen
» durch gemeinsame Überlegung versuchen, sich ein sachgerechtes Urteil
zu bilden. Hierbei müssen sie auf ihr eigenes Wohl wie auf das ihrer Kinder –
der schon geborenen oder zu erwartenden – achten; sie müssen die materiellen
und geistigen Verhältnisse der Zeit und ihres Lebens zu erkennen suchen und
schließlich auch das Wohl der Gesamtfamilie, der weltlichen Gesellschaft und
der Kirche berücksichtigen. Dieses Urteil müssen im Angesicht Gottes die
Eheleute letztlich selbst fällen. «[249]
265. Sosehr unser Gewissen
uns ein bestimmtes moralisches Urteil eingibt, haben hin und wieder andere
uns anziehende Dinge mehr Macht, wenn wir es nicht erreicht haben, dass das
vom Verstand erfasste Gute sich als tiefe gefühlsmäßige Neigung in uns
eingewurzelt hat. Es ist dann wie ein Wohlgefallen am Guten, das schwerer
wiegt als andere Attraktionen, und es führt uns zu der Einsicht, dass das,
was wir als gut erfassen, auch „für uns“ hier und jetzt gut ist. Eine
wirkungsvolle ethische Erziehung bedeutet, dem Menschen zu zeigen, wie weit
es ihm selbst nützlich ist, gut zu handeln.
Heute ist
es gewöhnlich wirkungslos, etwas zu verlangen, das Anstrengung und Verzicht
erfordert, ohne deutlich das Gute zu zeigen, das man damit erreichen kann.
167. Die verantwortliche
Elternschaft
[ist]» nicht eine Frage von unbegrenzter Zeugung
oder von Unkenntnis dessen, was Kindererziehung bedeutet,
sondern vielmehr die Ermächtigung der Ehegatten,
unter Berücksichtigung gesellschaftlicher und demographischer Gegebenheiten
wie auch ihrer eigenen Situation und
rechtmäßigen Wünschen […]
von ihrer unveräußerlichen Freiheit
weise und verantwortungsbewusst Gebrauch zu machen «.[182]
298. Die Geschiedenen
in einer neuen Verbindung, zum Beispiel, können sich in sehr
unterschiedlichen Situationen befinden, die nicht katalogisiert oder in allzu
starre Aussagen eingeschlossen werden dürfen, ohne einer angemessenen
persönlichen und pastoralen Unterscheidung Raum zu geben.
Es gibt den Fall einer zweiten, im Laufe der Zeit gefestigten Verbindung, mit
neuen Kindern, mit erwiesener Treue, großherziger Hingabe, christlichem
Engagement, mit dem Bewusstsein der Irregularität der eigenen Situation und
großer Schwierigkeit, diese zurückzudrehen, ohne im Gewissen zu spüren, dass
man in neue Schuld fällt.
Die Kirche weiß um Situationen, in denen » die beiden Partner aus
ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der
Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können «.[329]
Es gibt auch den Fall derer, die große Anstrengungen unternommen haben, um
die erste Ehe zu retten, und darunter gelitten haben, zu Unrecht verlassen
worden zu sein,
oder den Fall derer, die »eine neue Verbindung eingegangen [sind] im Hinblick
auf die Erziehung der Kinder und […] manchmal die subjektive
Gewissensüberzeugung [haben], dass die frühere, unheilbar zerstörte Ehe
niemals gültig war «.[330]
|