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Thema Abtreibung

 

Es geht um zwei konkurrierende Werte:

Um das Selbstbestimmungsrecht der Frau
und um das Lebensrecht des ungeborenen Kindes.

 

Wenn es um zwei konkurrierende Werte geht, ist es unangemessen, wenn die Kirche sich nur für die Verwirklichung eines Wertes engagiert.


Besonders weil die Katholische Kirche die Rechte der Frauen Jahrhunderte lang unterdrückt hat und auch jetzt noch die Frauen bei allen wesentlichen Glaubensentscheidungen ausgrenzt, schädigt sie ihre eigene Autorität in der Abtreibungsdiskussion durch ihre Weigerung, sich genauso für das Selbstbestimmungsrecht der Frau zu engagieren wie sie es für das Lebensrecht des Kindes tut.

 

Zudem hat sich herausgestellt, dass eine Reihe von Faktoren wesentlich sind, um die Zahl der Abtreibungen stark zu reduzieren und damit das Lebensrecht des ungeborenen Kindes zu schützen. Denn man kann das Lebensrecht des Kindes nicht gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen schützen, sondern nur in Zusammenarbeit mit den Frauen. Es handelt sich also um Faktoren, die den Frauen helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

 

1.   Dazu zählt, dass Frauen bereits im Kindesalter über ihren Körper und ihre Sexualität einfühlsam und sachlich so aufgeklärt werden, dass sie eine positive Beziehung zu ihrem Körper entwickeln können.

 

2.   Zudem sollten die Frauen im jugendlichen Alter über mögliche biographische und generationsübergreifende Belastungen informiert werden und Riten zu deren Auflösung angeboten bekommen. Solche psychischen Belastungen können bei weiblichen Jugendlichen und bei erwachsenen Frauen dazu führen, dass sie ungesunde Beziehungen mit Männern eingehen und dadurch ungewollt schwanger werden.

 

3.   Im gesamten Bildungsbereich sollten die Probleme von Minderwertigkeitsgefühlen und die Entwicklung von einem gesunden Selbstwertgefühl sehr differenziert behandelt werden. Dabei sollte auf ein gleichberechtigtes Miteinander von Jungen und Mädchen, von Männern und Frauen größter Wert gelegt werden.

 

4.   In der schulischen Bildung, in der Erwachsenenbildung und in den Medien sollte nicht nur auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau hingewiesen werden, sondern auch auf das Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Dafür sind Informationen über die Entwicklung des Embryos wichtig wie zum Beispiel, dass bereits nach drei Wochen das Herz des ungeborenen Kindes schlägt.

 

5.   Auf partnerschaftliche und gleichberechtigte Beziehungen zwischen Männern und Frauen in den Familien, in der Wirtschaft, in der Politik, in der Religion wie auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ist hinzuarbeiten.

 

6.   Auf dem Weg zu einem gesunden Selbstwertgefühl kann es für Frauen hilfreich sein, wenn es einen problemlosen Zugang zu Empfängnisverhütungsmittel gibt. Auch dies kann das Selbstbestimmungsrecht der Frau wesentlich stärken. In armen Ländern sollten Empfängnisverhütungsmittel ohne finanzielle Belastung der ärmeren Frauen zugänglich sein.

 

7.   Eine liberale Gesetzgebung sollte nicht dazu führen, dass Abtreibungen als Mittel der Familienplanung missbraucht werden, die dadurch zahlenmäßig sehr häufig werden können - wie z.B. in manchen früheren kommunistischen Ländern Osteuropas. Dies kann ein Hinweis sein, dass weder das Leben des Menschen grundsätzlich noch das Leben des ungeborenen Kindes geachtet worden ist.

 

8.   Auch bei einer ungewollten Schwangerschaft sollte eine finanzielle Notlage kein Grund für eine Abtreibung sein. Entsprechende finanzielle Unterstützungen sollten Staaten, Kirchen und Hilfswerke zur Verfügung stellen. Einen Missbrauch solcher Hilfen zu verhindern, ist aber leider nicht einfach.

 

Es hat sich herausgestellt, dass bei liberalen Gesetzen, die das Selbstbestimmungsrecht der Frau in den Mittelpunkt stellen, nach einer anfänglichen Zunahme der Abtreibungszahlen diese bald weitaus stärker sinken als in Ländern mit strengeren Gesetzen. Dort ist sowohl die Zahl der illegalen Abtreibungen als auch die Zahl der verstorbenen Frauen sehr hoch - aufgrund der illegal und damit meist stümperhaft durchgeführten Abtreibungen.

 

Wenn die Katholische Kirche nur das Lebensrecht des ungeborenen Kindes verteidigen will und dafür massiven politischen Einfluss ausübt, wie das in manchen Ländern wie z.B. in den USA der Fall ist, erreicht sie oft das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigt. Bei zwei konkurrierenden Werten ist es problematisch, wenn man aus prinzipiellen Gründen meint, das Lebensrecht des ungeborenen Kindes vehement und kompromisslos verteidigen zu müssen. Eine extreme Polarisierung in der Gesellschaft und ein Autoritätsverlust der Kirche bei einem großen Teil des Volkes ist die Folge. Das Hauptproblem wird dadurch nicht gelöst: Die Zahl der Abtreibungen bleibt weiterhin hoch.

 

Eine Beobachtung in modernen Staaten, in denen die Menschenwürde geachtet ist:
Je mehr die Frauen in einer Gesellschaft selbstbestimmt ihr Leben führen können, desto verantwortungsvoller achten sie darauf, nicht ungewollt schwanger zu werden und desto seltener haben sie dann das Problem, eine Abtreibung zu wünschen.

 

Deshalb wäre es die vorrangige Aufgabe der Kirche für die Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen zu kämpfen und alle Bereiche, in denen diese kein selbstbestimmtes Leben führen können, aufzudecken und auf eine Verbesserung hinzuarbeiten – dies vor allem auch in den eigenen Reihen.

 

Zudem hätten die Kirchen die Aufgabe, die Vorbereitung der Firmung bzw. der Konfirmation in einem Alter durchzuführen, in dem es möglich ist, biographische und generationsübergreifende psychische Belastungen zu erkennen und Riten für deren Auflösung anzubieten. Denn Selbstannahme und Lebensbejahung, die der christliche Glaube den jungen Menschen ermöglichen will, hat auch mit psychischer Gesundheit, mit Selbsterkenntnis und Eigenverantwortung zu tun. Dies kann ein wertvoller Beitrag dazu sein, jungen Menschen die Augen dafür zu öffnen, wie man lernt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

 

Es wäre eine wichtige Aufgabe der Kirchen, umfassende Ursachenforschung zu betreiben, warum Frauen eine Abtreibung durchführen (wollen) und sich um die Beseitigung dieser Ursachen zu bemühen.
Verbote, staatliche Gesetze und Strafandrohungen sind für christliche Kirchen keine ihrem Glauben angemessenen Methoden, um Probleme zu lösen.

 

Kirchen aber, die versuchen, ihre manchmal sehr einseitigen Wertvorstellungen über staatliche Gesetze durchzusetzen, verleugnen ihre Botschaft von der Würde und Eigenverantwortung des Menschen. Denn es wäre die Aufgabe der christlichen Kirchen, den Menschen zu helfen, selbstbestimmt und wertorientiert ihr Leben zu führen. Werte wahrzunehmen und damit verantwortlich zu leben kann nicht selten nur auf dem Weg des Schuldigwerdens erreicht werden.

 

Auch wenn staatliche Gesetze für die Wahrnehmung von Werten nicht unwesentlich sind, lösen beim Thema Abtreibung Verbote und Strafandrohungen nicht das Problem, sondern bewirken oft das Gegenteil.

Manfred Hanglberger (www.hanglberger-manfred.de)

 

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