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„Staub bist du und zum Staube kehrst du zurück!“
Dieser Satz war Jahrhunderte lang das Leitwort für den Beginn der Fastenzeit, für den Aschermittwoch. Die Vergänglichkeit der Körperlichkeit sollte den Menschen drastisch bewusst gemacht werden. Und dies nicht nur mit Worten, sondern mit der eindrücklichen Geste der „Aschenauflegung“. Der Mensch, der sich täglich seiner Vergänglichkeit bewusst ist, entwickelt mehr Gespür und Unterscheidungsfähigkeit für das wirklich Sinnvolle und Wertvolle seines Lebens. Der Ursprung des Leitsatzes „Staub bist du und zum Staube kehrst du zurück“ ist aber durchaus problematisch und kann auch problematische Wirkungen haben. Er stammt nämlich aus dem Alten Testament, aus der Sündenfallerzählung über Adam und Eva. Dort ist dieser Satz in einer Art Strafpredigt Gott in den Mund gelegt, der den beiden die Straf-Konsequenzen für ihren Ungehorsam kundtut.
Jesus war ungehorsam!
Soll deshalb dieser Satz an den Ungehorsam der so genannten Stamm-Eltern erinnern und die Menschen heute zu strikterem Gehorsam verpflichten? Soll körperliche Vergänglichkeit und Tod immer noch als Strafe und nicht als natürliche Befindlichkeit irdischer Existenz dargestellt werden? Was den Ungehorsam betrifft, war es für die ersten Christen nicht unproblematisch feststellen zu müssen, dass Jesus tatsächlich ungehorsam war, wenn man sein Verhalten nach den damaligen religiösen Gesetzen beurteilt. Jesus ging es darum, den Sinn von Gesetzen zu erkennen und zu verwirklichen; und der Sinn von Gesetzen hat bei Jesus immer etwas mit Liebe, mit Hilfsbereitschaft, mit Achtung jedes Einzelnen, mit seelischer Reifung und mit einem tiefen Vertrauen in Gott zu tun. Das Klammern an Gebote und Glaubenssätze und das Suchen nach der Wahrheit nur in alten Texten kann unter Umständen an deren Sinn vorbeigehen und blind machen für das Leben jetzt und hier. Und von Gehorsam gegenüber Menschen ist bei Jesus auch nicht die Rede, vielmehr, dass der Mensch seelisch-geistig wach werden soll, dass er selbst erkennen und verstehen lernt, was menschlich wertvoll und gut ist. Das war es ja, was viele seiner Mitmenschen und besonders viele unter den besonders Gläubigen so schwer verstehen konnten: Jesus lud ein und drängte darauf, dass die Menschen sich selbst mehr Gedanken über das Leben machen und mehr auch miteinander über die wichtigen Fragen reden. Zu dieser seelisch-geistigen Mündigkeit, zu diesem religiösen Erwachsen-Werden kann man die Menschen nicht zwingen, da hilft kein Gehorsamsdenken, da hilft keine Strafandrohung.
Glaube ohne Unterwerfung
Der Glaube an Jesus hat nichts mit Unterwerfung unter seinen Willen zu tun, sondern mit dem Hinspüren auf seine Weise, das Leben wahr zu nehmen und liebevoller und achtungsvoll damit umzugehen, hinzuspüren, wie er in seiner Beziehung zu Gott Kraft und Halt fand, Konflikte auszuhalten, Ängste durchzustehen, den Glauben an die Menschen nicht zu verlieren, bei ihm entdecken zu können, wie er sich zu dieser Welt dazugehörig fühlte und seine Verantwortung für das Wachsen einer wahren Menschlichkeit lebte. Denn wir glauben als Christen nicht in erster Linie an Gebote, Vorschriften und Glaubenssätze, sondern an einen Menschen, der ein Selbstbewusstsein und eine Liebe ausstrahlte, eine Angstfreiheit und ein Engagement für das Leben, das wir als etwas geradezu „Göttliches“ betrachten. Und wir glauben, dass wir uns davon anstecken lassen können und dürfen, dass das auf uns heute „übergehen“ kann, wenn wir seine Seele, sein Selbstverständnis, seine Art zu glauben zu verstehen suchen und auch selbst für den Geist, der da wirkt, offen werden. So müssen wir vorsichtig sein mit alten Glaubenssätzen; denn sie können nicht nur Impulse enthalten für die Entwicklung einer seelischen Wachheit auch heute, sie können auch veraltete, von Angst und Strafandrohungen erfüllte Beziehungsmuster des Menschen zu Gott enthalten.
Die Fastenzeit lädt uns ein, eine vielfältige Neuorientierung anzustoßen:
In der Wertschätzung unserer körperlichen und materiellen Existenz. Im Umgang mit unserem Körper, mit unserem körperlichen Hunger und mit unseren materiellen Gütern. Im Umgang mit den ökologischen Gefährdungen dieser Welt und unseres eigenen Lebens. Eine Auseinandersetzung und Klärung unserer religiösen Vorstellungen, unseres Gottesbildes und der Sinn-deutung religiöser Vorschriften.
In diesem Sinn wünsche ich allen Besuchern meiner Homepage eine seelisch, geistig und körperlich gesunde und wertvolle Fastenzeit! Manfred Hanglberger |
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