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Prinzipien der Gewaltlosigkeit
bezüglich des Krieges Russlands gegen die Ukraine

 

Erfahrungen der Franzosen,
die mit gewaltfreien Mitteln gegen den Algerienkrieg der französischen Regierung arbeiteten

 

1.      Ein Konflikt hat seinen Ursprung im Herzen und Denken aller Beteiligten.

2.      In einem Konflikt ist immer eine Lüge, eine Unwahrheit in den Herzen und im Denken der Menschen verborgen.
(Z.B. Die russische Regierung behauptet, die Ukraine habe als eigener Staat kein Existenzrecht)

3.      Oft ist es die mangelnde Respektierung des Rechtes auf ein eigenes Leben und die Selbstbestimmung des anderen.

4.      Die Aufgabe besteht zuerst darin, diese Lüge, diese Unwahrheit, bewusst zu machen.

5.      Der erste Schritt dazu ist, sich mit denen zu identifizieren, die Opfer der Ungerechtigkeit sind.
(Z.B. Menschen in Russland identifizieren sich mit den Menschen in der Ukraine)

6.      Eine solche Identifizierung gelingt nie ganz. Es kommt darauf an, den Betroffenen möglichst nahe zu kommen.

7.      Die Gewaltlosen müssen versuchen, den Unterdrückten zu begegnen, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen und mit ihnen in Kontakt zu kommen.

8.      Besondere Demonstrationen sind notwendig,
- um den Betroffenen zu zeigen, dass man bei ihnen sein will,
- und um den anderen die Solidarisierung mit den ungerecht Behandelten zu zeigen.

9.      Es geht um einen Kampf gegen die Lüge und ihre Konsequenzen in der russischen Gesellschaft.

10.   Da dazu die Intelligenz allein nicht ausreicht, bereiten sich die Gewaltlosen durch Fasten und Gebete auf einzelne Aktionen vor.

11.   Im Gebet bitten sie Gott um Begleitung ihrer Aktionen, damit er sie Schritt für Schritt den Weg erkennen lässt, wie die Wahrheit sichtbar wird.

12.   Sie überlegen gemeinsam mit den Unterdrückten, welche Wege zu beschreiten sind.

13.   In einem Konflikt, in dem der Staat oder die Gesamtgesellschaft beteiligt ist, ist ein Dialog mit den verschiedenen sozialen Schichten zu führen; das heißt man muss mit der Aufdeckung der Lüge das Volk erreichen.

14.   Es ist wichtig, unmittelbar Beteiligte wie z. B. Soldaten oder Polizisten zu überzeugen.

15.   Wer von diesen Menschen umdenkt, ist auf seine absolute persönliche Verantwortung hinzuweisen, sein Wissen weiterzusagen, vor allem den Vorgesetzten.

16.   Nicht die Erfolgsaussichten dürfen das Handeln bestimmen, sondern die Ehrlichkeit und Konsequenz aus der eignen Erkenntnis (ich darf einfach nicht schweigen, wenn ich ein Unrecht als solches erkannt habe).

17.   Wahrheit, die klar, offen und ohne Verurteilung formuliert wird, dringt in das Herz jedes Menschen.

18.   Die Wirkungen solcher Wahrheit zeigen sich oft erst viel später.

19.   Die Öffentlichkeit kann sich an eine bestimmte Form der Demonstration gewöhnen. Es ist ein Methodenwechsel erforderlich.

20.   Die Rolle der Medien ist wesentlich. Wenn der Staat die wichtigsten Medien beherrscht, sind alternative Informationskanäle zu suchen.

21.   Eine Gerichtsverhandlung ist manchmal eine sehr wichtige Möglichkeit, ein Unrecht bekannt zu machen.

22.   Die Franzosen sagten zu den Polizisten: ihr könnt uns töten, aber wir werden nicht fortgehen.

23.   Es ist wichtig, Menschen, die nur Befehle ausführen, klarzumachen, dass der Widerstand sich nicht gegen sie, sondern gegen das Unrecht richtet.

24.   Die Franzosen erhoben sich, als die Polizisten müde wurden, sie wegzutragen.

25.   Man muss das Gewissen des Volkes aufrütteln bei den Gewerkschaften, den Arbeitern, den Intellektuellen, den Soldaten, den Ministern, den Bischöfen, den Lehrern, den Religionsge­meinschaften.

26.   Es ist gut, den Text vorzubereiten, der die entsprechenden Wahrheiten und Unwahrheiten des Konflikts benennt und diesen Text moralischen Autoritäten der Gesellschaft zur Unter­schrift vorzulegen.

27.   Es sind viele Besuche und Gespräche mit solchen Personen notwendig.

28.   Am Anfang sind die Erfolge solcher Aktionen oft minimal.

29.   Sehr wichtig ist der persönliche Kontakt zu einzelnen Befehlsempfängern im Zusammen­hang des Konfliktes, um genaue Informationen über Konfliktablauf und Konfliktverhalten zu bekommen.

30.   Man muss deutlich machen, dass ein Konflikt nicht von einzelnen Autoritäten allein zu beenden ist.

31.   Ein Konflikt wird dann enden, wenn das Volk in seiner großen Mehrheit dagegen ist und sich weigert, ein Unrecht weiterhin aufrecht zu erhalten.

32.   Es ist wichtig, gewaltfreie Aktionen sorgfältig vorzubereiten, in Rollenspielen das Verhalten gegenüber Polizisten und Soldaten usw. einzuüben.

33.   In jeder Situation, in der man mit Ordnungsträgern in Berührung kommt, ist es wichtig, sofort den Dialog zu versuchen, z. B. "Wissen Sie, warum wir das tun?"

34.   Bei einem gewaltfreien Dialog versucht man immer zuallererst, die Wahrheit des anderen, das Gute im anderen zu entdecken und es ihm zu sagen.

35.   Dann versucht man, die eigene Mitverantwortung am Unrecht zu entdecken und einzuge­stehen.

36.   Dann versuchen wir, das Unrecht in einer Weise darzustellen, dass wir nicht den anderen beschuldigen, sondern ihn zum Mitdenken und Mitwirken an einer Lösung einladen.

37.   Schließlich versuchen wir, Lösungsvorschläge einzubringen.

38.   Die Wahrheit des anderen besteht oft in Wertvorstellungen, die jedoch andere Menschen als aggressiv und böse verurteilen.

39.   Bei Vätern und Müttern ist es wichtig, ihre moralische Verantwortung für eine lebenswerte Zukunft ihrer Kinder bewusst zu machen.

40.   Die Jugendlichen werden uns nämlich anklagen und uns dadurch helfen, wahrhaftigere Menschen zu werden, wenn wir bereit sind, ihren Glauben an eine gerechte Welt für alle in ihnen wahrzunehmen.

41.   In gewaltfreien Konfliktaktionen ist mit Terrorismus und brutaler Gewalt von Seiten extremer Gruppen bzw. einer autoritären Regierung zu rechnen.

42.   Beim Algerienkrieg Frankreichs haben 15 unbewaffnete Menschen, die von der Polizei bei einer gewaltfreien Demonstration ermordet wurden, haben stärker auf das Gewissen der Gesellschaft und der Welt gewirkt, als die 350 000 Toten des Krieges. Das ist das Gewicht der Gewaltfreiheit.

43.   Militärisch gesehen hätte der Krieg damals 30 Jahre dauern können. Die beiden Armeen haben sich jedoch bei Waffenstillstand getrennt, ohne dass eine über die andere gesiegt hatte.

44.   Bei gewaltfreiem Konfliktverhalten darf es keinen Sieger und Besiegten geben.

45.   Alle sollen einen Fortschritt machen können in Richtung eines menschenwürdigeren Lebens.

46.   Wir kennen noch lange nicht alle Kräfte der Gewaltfreiheit. Wir müssen fortfahren, sie zu entdecken.

 

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