Link zum Teilen: https://hanglberger-manfred.de/maria.htm |
|
Maria – eine Einladung, „weiblich zu
glauben“? |
Maria: Barmherzigkeitsersatz
wegen Angst machendem Gottesbild Viele Jahrhunderte lang glaubte man bei Gott selbst
kaum eine Chance zu haben, in den Himmel zu kommen. Aber Maria, als Mutter des
göttlichen Sohnes, könne Gott „gnädig“ stimmen und uns den Weg zum Himmel
öffnen. Deshalb galt bei vielen das Rosenkranzgebet als wertvoller als viele
sonstige Gebete, denn im Ave Maria flehen wir Maria an: „Bitte für uns
Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Eine gute Beziehung zu Maria
galt als beste Gewähr für die Erreichung des Ewigen Heils. Deshalb die
Wichtigkeit der Marien-Frömmigkeit und der Sichtweise Mariens als Fürbitterin
bei Gott in früheren Zeiten. Genau dies jedoch lehnen die evangelischen
Christen ab, da zur Zeit Luthers in der Katholischen Kirche ein arger
Missbrauch mit Marien-Kulten betrieben wurde; denn diese war lukrativ sehr
interessant. Aber nicht nur weil Maria wirtschaftlich
„missbraucht“ wurde, entstand eine kritische Haltung gegenüber der
Marienfrömmigkeit, sondern auch weil diese Form der Gläubigkeit verbunden war
mit einem extrem strengen und Angst machenden Gottesbild. Heute ist für viele Christen Maria nicht als
Fürbitterin wichtig, sondern als Vorbild im Glauben, als Grundtyp der
weiblichen Gläubigkeit, einer weiblichen Sicht der Welt und des Lebens, aber
auch einer weiblichen Sicht Gottes, für manche vielleicht sogar als
Projektionsfläche für die weibliche Seite Gottes. Maria, die
nachdenkliche, die „seelisch arbeitende“ Frau „Maria, aber dachte über diese Ereignisse nach“ oder
„Maria bewahrte diese Worte in ihrem Herzen“ - so heißt es immer wieder in
den Evangelien, wenn von Maria und den Ereignissen in ihrer Lebensgeschichte berichtet
wird. Maria ist also nicht als die gehorsame und unterwürfige Frau
dargestellt, die „funktioniert“, ohne selbst Ansprüche zu stellen oder ihre
Meinung zu sagen, wie es das damalige gesellschaftliche Idealbild von der
Frau war, sondern als die Nachdenkliche, die versucht, die Erfahrungen in
ihrem Leben zu verstehen und zu verarbeiten. Sie muss mit überraschenden und
zum Teil schmerzhaften Ereignissen „fertig“ werden. So wird Maria sichtbar
als eine seelisch wache und lebendige Frau, in der „es innerlich arbeitet“. Maria, die
mitfühlende, hilfsbereite, die tatkräftige und handelnde Frau Nicht nur seelische Lebendigkeit erscheint in den
Marienberichten der Evangelien, sondern auch praktische Hilfsbereitschaft.
Sie macht sich auf einen weiten Weg, um ihrer Cousine Elisabeth, die vor der
Geburt ihres Sohnes steht, im Haushalt zu helfen. Nicht nur grübeln und
beten, nicht nur theologisieren und fromme Gespräche führen, sondern
menschliche Sorgen und Hilfsbedürftigkeit wahrnehmen und entsprechend mitfühlend
zu handeln, gehört zum Lebensverständnis Mariens. Theorie und Praxis, Glauben
und Leben gehören bei ihr ebenso zusammen, wie Kopf, Herz und Hände. Maria, die
gesellschaftspolitisch mitdenkende, die prophetische Frau Die Frauen hatten zur Zeit Mariens kein Rederecht
und keine Mitsprachemöglichkeit in Politik, Religion und Gesellschaft. Nicht
einmal als Zeuginnen in einer Gerichtsverhandlung hatte ihr Wort Bedeutung.
Sie waren in jeder Hinsicht entmündigt. „Weibergeschwätz“ heißt es einmal im
Evangelium von Seite der Männer. Umso bedeutungsvoller ist es deshalb, wenn im
„Magnifikat“ im Lukas-Evangelium Maria als gesellschaftspolitisch mitdenkende
und kritische Frau dargestellt wird, die den Hochmut der Mächtigen und der
Reichen beim Namen nennt und die in prophetischer Vision ankündigt, dass es
Ziel des Handelns Gottes sei, „die Mächtigen vom Thron zu stürzen“ und „die
Niedrigen zu erhöhen“. Seelische Lebendigkeit, liebevolles, solidarisches
Handeln und gesellschaftspolitische Visionen verkünden und lebendig halten,
werden als drei Grunddimensionen des Lebens einer Frau dargestellt, die sich
im Glauben mit Gott verbunden weiß. Maria – ein
Vorbild weiblicher Gläubigkeit Die moderne Psychologie und Hirnforschung weiß um
die fundamental unterschiedlichen Aspekte der Weltwahrnehmung und der
Weltverbundenheit von Mann und Frau. Selbstwahrnehmung und Weltwahrnehmung
prägen aber entscheidend die Beziehung des Menschen zu Gott und damit auch
das Gottesbild. Andererseits hat die Kirche mit der Bezeichnung Marias als
„Gottesmutter“ sie in einen fast göttlichen Rang erhoben. So ist Maria einerseits für Frauen eine Einladung
eine Beziehung zu Gott zu entdecken, wie es für eine liebevoll sorgende
Mutter angemessen ist, die die seelische Mikrostruktur des Lebens beim
Heranwachsen eines Kindes ernst zu nehmen weiß, aber auch als selbstbewusste
und gesellschaftskritische Frau sich selbst ernst genommen erlebt. Andererseits ist Maria für Gläubige, deren
Gottesbild durch Angst machende Glaubenserziehung oder durch eine demütigende
Vaterbeziehung belastet ist, eine Tür zur weiblichen, mütterlichen Seite
Gottes, die die Angst besetzten Glaubensvorstellungen in den Hintergrund zu
drängen oder aufzulösen vermag. |
Manfred
Hanglberger (www.hanglberger-manfred.de) Link zum Teilen: https://hanglberger-manfred.de/maria.htm |