Genesis 22,1-19: Gott,
Abraham, Isaak
1. Die Erarbeitung des Textes
Die Teilnehmer lesen den Text, der auf
einem Arbeitsblatt vorliegt. Sie unterstreichen, was sie besonders anspricht.
Anschließend veranschaulichen sie mit einer Skulptur die Beziehungen der drei
wichtigsten Personen des Textes: Gott, Abraham, Isaak. »Gott« steht auf einem
Stuhl, schaut auf »Abraham« und zeigt mit dem Finger auf »Isaak«. »Abraham«
blickt unverwandt auf »Gott« und verdeckt mit seiner Hand »Isaaks« Augen und
Gesicht. »Isaak« sitzt am Boden und hält sein Gesicht Abraham entgegen.
2. Der Dialog mit dem
Text
Der Dialog mit dem Text geschieht heute
in der Weise, dass »Abrahams« Frau, »Sara«, zur Türe hereinkommt. Sie ist
dahingehend unterrichtet worden, dass sie den vom Opfer zurückgekehrten Mann
nur nach dessen Verbleib in der letzten Woche fragen soll. »Sara« tritt
aufgeregt »Abraham« entgegen und fragt den sichtlich überraschten Mann
fordernd: »Ich möchte wissen, wo Du und das Kind die letzten Tage ward. Ihr
seid einfach weg. Ihr habt kein Wort gesagt. Mich geht das wohl nichts an?«
»Sara« ist sauer. »Abraham« erwidert etwas benommen: »Sei froh, dass wir
wieder da sind!« Auf diesen Satz hin wird es für »Sara« erst recht
interessant. Sie will nun unbedingt wissen, wo die beiden eine ganze Woche
waren. »Abraham« versucht, sich herauszureden. Er schämt sich sichtlich. Aber
»Sara« gibt nicht nach. So rückt »Abraham« schließlich und endlich mit der
Wahrheit heraus, Gott habe die Opferung Isaaks verlangt. Jetzt kann sich
»Sara« nicht mehr zurückhalten. Sie schreit erregt und wie eine Wilde »Abraham«
voller Verachtung an: »Du spinnst!« Dann ist Schweigen im Raum. »Sara« ist
erschüttert. Schließlich fasst sie sich und wendet sich an »Isaak«: »Und was
sagst du zu alledem?« »Isaak« blickt zu Boden und meint ergeben, der Vater
wisse schon alles, was recht sei. »Sara« schüttelt den Kopf. Sie versteht die
Welt nicht mehr. In diese Situation greift »Gott« ein und hält »Sara« von
oben herab eine Predigt. Er rühmt die Treue und den Gehorsam »Abrahams«,
dieser wisse schon, was er mache, »Sara« solle sich da nicht einmischen.
»Sara« kommt ins Wanken. Hier wird der Dialog abgebrochen.
3. Die Beurteilung der
Rolle Gottes innerhalb des Textes
Dieses Mal sind die Zuschauer und
Zuhörer gefragt. Der Tenor der Aussagen ist eindeutig: »Mich regt der Gott
Abrahams ganz schön auf!« »Gott benimmt sich wie ein Vater, der sein Kind in
den Keller sperrt, es nach zwei Stunden wieder herausholt und sagt: „Ich bin
doch ein lieber Vater. Ich lasse dich nicht drinnen.“« »Da kommt eine Frau
mit einer klaren Frage und einem gesunden Hausverstand - und schon wackelt
die ganze Männer-Gedankenwelt!«
4. Die Konsequenzen aus der
Arbeit mit dem Text
Die Teilnehmer sind ermutigt, den Text
als religionsgeschichtliches Material zu den Akten zu legen. Sie sind auch
für die verschiedensten Interpretationen nicht mehr zu haben, die einem Text
mit einem so bösen Geschehen noch einen gewissen Sinn abgewinnen wollen. Sie
stellen die Frage nach dem Ort solcher Texte in Religionsunterricht und
Liturgie. Zur Weiterarbeit empfiehlt sich der Vergleich Genesis 22,1-19 mit
Richter 11,29-40.
Aus: Lorenz
Zellner: „Gottestherapie“
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