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Das enttäuschende Kommunikationsverhalten von Bischof Kohlgraf
Meine Mail vom 24.02.2023 (1. Jahrestag der Invasion Russlands in der Ukraine):
Sehr geehrter Herr Bischof Kohlgraf, sehr geehrter Herr Bischof Overbeck,
seit Jahrzehnten bin ich Mitglied bei Pax Christi. Nicht nur deshalb habe ich das Interview mit Ihnen beiden mit großem Interesse in „katholisch.de“ gelesen. Es erschreckt mich, wenn Sie beide von der „Realität des Bösen“ bzw. von der „Macht des Bösen“ sprechen. Als Seelsorger (Diplomtheologe) und Familientherapeut (i.R.) bin ich überzeugt, dass es „das Böse“ nicht gibt. Sondern dass es gewalttätige, destruktive Menschen gibt, deren Verhalten psychologische, soziologische, weltanschauliche und spirituelle Ursachen hat. Diese Ursachen zu erforschen und aufzudecken und darüber zu versuchen, mit den Gewalttätern in Dialog zu treten, wäre in meinen Augen eine vorrangige Aufgabe der Christen. (Mein Vorschlag im Anhang: Sieben Ursachen für das destruktive Verhalten von Menschen)
Hier wird ein beschämendes Defizit der christlichen Kirchen sichtbar: Es gibt weder eine zeitgemäße Glaubenslehre zu den Ursachen des destruktiven Verhaltens des Menschen noch eine zeitgemäße Glaubenslehre zu den Erkenntnissen der modernen Psychologie. Stattdessen wird in der Kirche vom Teufel, von Erbsünde und vom „Bösen“ gesprochen. Zudem halte ich das Zitat aus Gen 6.5 ("Der HERR sah, dass auf der Erde die Bosheit des Menschen zunahm und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war.") für zeitbedingt und überholt und deshalb für unsere Zeit für gefährlich.
Sehr wertvolle Ideen zur konkreten Verantwortung der Kirche gegenüber dem schrecklichen Krieg in der Ukraine hörte ich vor kurzem von Professor Markus Vogt (katholischer Sozialethiker an der LMU-Universität in München) – wobei ihm die psychologischen Aspekte offensichtlich auch noch nicht bekannt sind.
Ein weiteres kirchliches Defizit: Weder die psychologischen Gründe für das Verhalten von Adolf Hitler noch die Verantwortung der christlichen Kirchen für die Entstehung des Nationalsozialismus werden in der Kirche thematisiert. Zu Adolf Hitler waren für mich die Untersuchungen von Alice Miller („Am Anfang war Erziehung“) und von Franz Ruppert („Verwirrte Seelen“) sehr hilfreich. (Konsequenzen im Anhang zu dieser Mail: PDF-Datei: „Neonazis“) https://hanglberger-manfred.de/neonazis.htm Meine Überlegungen zum Nationalsozialismus in „Säkularisierung“ im Anhang. https://hanglberger-manfred.de/saekularisierung-ursachen-und-loesung.htm
MEINE FRAGEN: 1. Können Sie
sich vorstellen, die Verantwortlichen im Vatikan auf die Defizite in der
katholischen Glaubenslehre bezüglich der Ursachen für die destruktiven
Verhaltensweisen des Menschen hinzuweisen?
2. Können Sie sich vorstellen, die
Verantwortlichen im Vatikan auf die Defizite in der katholischen
Glaubenslehre gegenüber den Erkenntnissen der modernen Psychologie
hinzuweisen? Da das Verhalten der Katholischen Kirche gegenüber dem Krieg in der Ukraine und meine Fragen von öffentlichem Interesse sind, würde ich Ihre Antworten gerne veröffentlichen.
Mit herzlichen Segenswünschen und in großer Dankbarkeit für Ihre sonstigen Bemühungen für zeitgemäße Reformen in unserer Kirche Manfred Hanglberger
Meine Kontaktdaten
Anhänge: 1. „Das Böse“ gibt es nicht: Sieben Ursachen für „böses
Verhalten“ des Menschen. 2. Umgang mit Neonazis 3. Säkularisierungsproblem: Ursache und Lösung (Entstehung des Nationalsozialismus) https://hanglberger-manfred.de/saekularisierung-ursachen-und-loesung-PDF.pdf 4. „Egoismus“ und „egoistisch“ in kirchlichen Enzykliken 5. „Die Sorge um unser inneres Haus“: Psychologie und
Glaube
Meine zweite Mail an Bischof Kohlgraf vom 25.03.2023:
Sehr geehrter Herr Bischof Kohlgraf,
vor vier Wochen habe ich Ihnen und Bischof Overbeck unten stehende Mail geschickt und um die Beantwortung meiner Fragen gebeten. Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass Sie mir persönlich antworten, sondern eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter beauftragen, mir in Ihrem Sinne zu antworten. Nun frage ich Sie, ob ich noch mit einer Antwort rechnen darf oder nicht? Für einen Seelsorger in einer Pfarrei ist es selbstverständlich, auf ähnliche Fragen von Gläubigen eine hilfreiche, korrekte und ehrliche Antwort zu geben. Ich hoffe, dass auch für Bischöfe eine ähnliche moralische und seelsorgliche Verpflichtung existiert. Wie bereits in meiner vorangegangenen Mail angekündigt, beabsichtige ich, Ihre Antwort zu veröffentlichen, weil sich meiner Fragen auf Probleme von allgemeinem kirchlichem Interesse beziehen.
Mit den besten Wünschen für eine gesegnete Fastenzeit Manfred Hanglberger
Meine Kontaktdaten
Auf meine zweite Mail bekam am 12.04.2023 ich von einer Mitarbeiterin von Bischof Kohlgraf folgende Antwort:
Sehr geehrter Herr Pfarrer Hanglberger,
vielen Dank für Ihre Nachrichten an Bischof Kohlgraf und Ihr Interesse an dem Interview, das Bischof Overbeck und Bischof Kohlgraf anlässlich des Jahrestags des Beginns des Kriegs gegen die Ukraine gegeben hat. Bischof Kohlgraf hat Ihre Nachricht zur Kenntnis genommen und mich gebeten, Ihnen zu antworten. Für eine Antwort von Bischof Overbeck bitte ich Sie, direkt mit dessen Büro in Essen Kontakt aufzunehmen. Bischof Kohlgraf dankt Ihnen für Ihre Hinweise auf psychologische und psychotherapeutische Ansätze, destruktives Verhalten von Menschen zu erklären und zu bearbeiten. Gleichwohl weist er aber darauf hin, dass auch diese Erklärungsansätze nicht neutral sind, sondern Psychologie und Psychotherapie ebenfalls von einem bestimmten Menschenbild ausgehen, das ihre Deutungen prägt. Die Aussagen des Bischofs von der Macht des Bösen meinen vor allem: es gibt Böses in einem systemischen Sinne, das die Verantwortung des einzelnen übersteigt. Dies ist durchaus konsistent mit der biblischen Sicht und dem biblischen Menschenbild.
Ich hoffe, ich kann Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen und grüße Sie - auch im Namen von Bischof Kohlgraf - sehr herzlich.
Annette Wiesheu
Am 25.08. schrieb ich folgende Mail an Frau Dr. Wiesheu, auf die ich aber keine Antwort mehr bekam:
Sehr geehrte Frau Wiesheu,
Ihre Antwort vom 12. April auf meine zwei Mal gestellten Fragen ging leider auf wesentliche Aspekte meiner Anliegen nicht ein. Natürlich ist auch mir bekannt, dass es bei Psychologie und Psychotherapie viele Theorien und im Hintergrund verschiedene Menschenbilder gibt. Umso notwendiger wäre eine Klärung von kirchlicher Seite auf der Basis des christlichen Menschenbildes. Ob in der Kath. Soziallehre oder bei den ökologischen Problemen: Es geht immer um sehr differenziert zu betrachtende Probleme, bei denen immer das christliche Menschenbild zu bedenken ist und in kritischer Weise manche Ideologie aufgedeckt werden muss. Das Problem ist doch, dass auf einem Gebiet, das für viele Menschen in unserer Zeit und in unserem Kulturkreis sehr wichtig geworden ist, nämlich die Psychologie, die Kirche schweigt und viele kirchliche Aussagen naiv und hilflos wirken. Deshalb gab es vor mehr als dreißig Jahren in meiner familientherapeutischen Ausbildungsgruppe häufig Gelächter, wenn die Sprache auf die Kirche kam. Ich verstehe nicht, warum die Kirchenleitung und die Bischöfe nichts gegen diesen Vertrauensverlust unternehmen, der ja schon lange vor dem Missbrauchsskandal sichtbar war. Wie sagte vor einiger Zeit eine Frau zu mir, die viele Jahre auf Diözesanebene eine wichtige Aufgabe innehatte: „Die Bischöfe fahren sehenden Auges die Kirche an die Wand.“ Mein Anliegen ist es, Hausaufgaben aufzuzeigen, die die Bischöfe noch nicht gemacht haben und auch keine Anstalten zu machen scheinen, sie in Angriff zu nehmen. Wenn man Jahrzehnte lang sich sehr in der Seelsorge engagiert hat, ist man sehr enttäuscht, wenn diese Arbeit durch die Untätigkeit der Bischöfe ins Leere läuft. Was neben der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals dringend geschehen müsste, um die Kirche in unsere Zeit zu holen, schicke ich Ihnen im Anhang mit: „Kirchenreform: Wie es weitergehen sollte“ (Nach dem
„Synodalen Weg“)
Mit freundlichen Grüßen Manfred Hanglberger
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