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E-Mail an Ökumene-Kommission der Dt. Bischofskonferenz

Auch wenn ich sehr dankbar bin für viele Aussagen über Kirchenreform und Ökumene von Bischof Dr. Feige, dem Vorsitzenden der Ökumene-Kommission der DBK, möchte ich hier einen Vorschlag machen für die Arbeit dieser Kommission.

So wichtig und notwendig die Aufarbeitung der Unterschiede in der Vergangenheit sind, noch wichtiger sehe ich eine zeitgemäßen Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre und des Verständnisses von Amt und Sakramenten. D.h. ich sehe den Weg zur Einheit der Konfessionen wesentlich in einer Weiterentwicklung durch die Auseinandersetzung mit den Problemen der Menschen unserer Zeit und einem dafür notwendigen Dialog der Kirchen mit den Erkenntnissen der Humanwissenschaften.

Konkret:

Im Grundlagendokument der EKD Für uns gestorben - Die Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christi“ von 2015 (https://archiv.ekd.de/EKD-Texte/98004.htmlwird die „Erlösungsbedürftigkeit“ des Menschen immer noch vorrangig in der Sünde und Schuld des Menschen gesehen. Bei der Beschreibung von „Sünde“ (S. 161-162) liest man dort eine Mischung von destruktiven Verhaltensweisen (Lüge, Gewalttätigkeit, …) und belastenden Gefühlen (Hass, Missgunst, ...).

Nun ist für psychologisch interessierte Menschen unserer Zeit klar, dass alle Gefühle ihre Ursachen haben und als Signale der Psyche zu verstehen sind. Auch belastende Gefühle weisen uns auf Probleme hin, die der Bearbeitung bedürfen. Wenn wir sie nur abreagieren, wirken sie destruktiv. Wenn wir sie bewerten, sind wir dabei, Menschen abzuwerten (Vgl. Mt 7,1: „Richtet nicht!“); aber dann werden wir unfähig, die Probleme zu verstehen und zu lösen.

Ähnlich verhält es sich mit den dort aufgeführten destruktiven Verhaltensweisen. Mancher engagierte Religionslehrer versucht heutzutage seinen Schülern die psychologischen Hintergründe z.B. von Lüge und Gewalttätigkeit zu erschließen und Lösungswege für die aktiv so Handelnden wie für die darunter passiv Leidenden anzubieten, bzw. solche mit den Schülern zu erarbeiten.

Die Aufgaben, die sich hier stellen:

  • Es gilt, Hilfen anzubieten, um die Botschaft von belastenden Gefühle zu verstehen und die Probleme, die dadurch sichtbar werden, lösen zu helfen.
  • Es gilt, die psychologischen, weltanschaulichen und spirituellen Hintergründe von destruktiven Verhaltensweisen zu erkennen und konstruktiv d.h. problemlösend damit umzugehen.
  • Dabei gilt es, spirituelle von psychologischen Ursachen und Problemlösungswegen zu unterscheiden – wobei die „spirituellen Lösungswege“ ohne die traditionell vorherrschenden Muster der Kreuzestheologie auskommen, die in diesem Grundlagentext als Glaube der Kirche dargestellt werden.

Ich kann in diesem Grundlagentext der Evangelischen Kirche nicht erkennen, dass die heutigen psychologischen Erkenntnisse über die verschiedenen Ursachen von belastenden Gefühlen und Verhaltensweisen und ein konstruktiver Umgang damit bekannt sind.

Ebenso wenig kann ich erkennen, dass darin die differenzierten psychologischen Erkenntnisse über die seelischen Prozesse von Versöhnung und Verzeihung bekannt sind.

Hier werden veraltete theologische Denkmuster in unzulässiger Weise über die Probleme der Menschen unserer Zeit gestülpt. Ist es verwunderlich, dass viele damit nichts mehr anfangen können?

Nun ist das Thema „Erlösungsbedürftigkeit des Menschen“ keineswegs ein Randthema unseres Glaubens, sondern zielt auf dessen Zentrum. Wie sollen wir sinnvoll von Erlösung sprechen können und wie sollen wir Erlösung in liturgischen Riten feiern können, wenn wir ein defizitäres Verständnis von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen haben?

Hier wird sichtbar, dass im Verständnis von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen die Evangelische Kirche keineswegs besser ist als die Katholische Kirche. In beiden Kirchen ist der Dialog mit den naturwissenschaftlichen und humanwissenschaftlichen Erkenntnissen unserer Zeit erschreckend defizitär und ihre jeweilige Glaubenslehre und Gebetskultur in den Augen vieler Menschen lebensfern und damit nicht lebensrelevant.

Nun hat Papst Johannes-Paul II. 1979 in seiner ersten Enzyklika über die Erlösung („Redemptor hominis“) ein ganzheitlicheres und zeitgemäßes Verständnis von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen formuliert, die dort in Kap 10 so beschrieben ist:
Der Mensch ist für sich selbst ein unbegreifliches Wesen. Sein Leben erscheint sinnlos.
Er erlebt in sich Unruhe und Unsicherheit, Schwäche, Sündigkeit und Tod.“

Nun hat diese Aktualisierung der Glaubenslehre in der Kath. Kirche keinerlei Auswirkungen in ihrer Liturgie und Gebetskultur bekommen. Deshalb ist diese auch bei den Gläubigen nach meiner Wahrnehmung nicht bekannt. So kann man für die Kath. Kirche feststellen: Da steht manche zeitgemäße Erneuerung der Glaubenslehre in den Regalen der Pfarrämter und im Kirchengebäude daneben wird weiterhin mittelalterlich gebetet.

Wäre nicht die gemeinsame Erarbeitung eines zeitgemäßen Verständnisses der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und ein zeitgemäßes Verständnis von Erlösung durch Jesus Christus – mit einer entsprechenden Gestaltung der Gottesdienste und der Gebetskultur beider Konfessionen - ein wesentliches Feld für die Verwirklichung der Einheit der Konfessionen?

Es gibt sicher noch viele weitere Felder des Glaubens, die einer dringenden gemeinsamen Erneuerung bedürfen und so eine lebendige Einheit ermöglichen würden.

Ein Diskussionsangebot für ein zeitgemäßes Verständnis von der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und für ein entsprechendes Verständnis von Erlösung biete ich Folgenden an:

https://hanglberger-manfred.de/erloes-hanglberger.htm

https://hanglberger-manfred.de/eucharistiefeier-als-mahlgemeinschaft.htm

https://hanglberger-manfred.de/eucharistie-erloesungsbeduerftigkeit.htm

Manfred Hanglberger

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Weitere Texte zur Ökumene >>> https://hanglberger-manfred.de/oekumene.htm

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