Warum ein religiöser Ritus für eine
Tierbestattung? Link zum Teilen: https://hanglberger-manfred.de/tiere-bestattungsritus.htm Vor einigen Jahren stand an der Tür zu meinem
Pfarramt eine Frau mit ihrem toten Hund in den Armen und sagte mir, dass sie
gehört habe, dass ich manchmal Segensgottesdienste für Tiere halte; deshalb
ist sie nun mit ihrem Hund, der in der vergangenen Nacht gestorben war, 35
Kilometer zu meiner Pfarrei gefahren, um mich zu bitten, ein Segenswort auch
für ihren toten Hund zu sprechen, bevor er beerdigt wird. Ich war sehr berührt von der Bitte dieser Frau und
habe ihr natürlich ihren Wunsch erfüllt. Zwei Jahre später besuchte mich ein kinderloses
Ehepaar und bat mich, einen kleinen Abschiedsritus für ihren verstorbenen
Hund zu halten, der in den nächsten Tagen eingeäschert werden sollte. Sie
wollten mit der Urne dann zu mir kommen, um getröstet mit Gebeten ihren Hund
zu verabschieden. Das Paar ist zweimal aus 70 Kilometer Entfernung in meine
Pfarrei gefahren. Nicht zuletzt durch den Tod unserer Hauskatze, die
meine Haushälterin mit ins Pfarrhaus gebracht hatte, wurde mir bewusst, wie
wichtig es ist, die seelischen Schmerzen der Menschen beim Tod eines
„vierbeinigen Familienmitglieds“ seelsorglich ernst zu nehmen. Ich war doch
sehr betroffen, wie gewaltig der Abschiedsschmerz mich belastete, als unser
geliebter „Tiger“ im Alter von 18 Jahren gestorben war. Diese Erlebnisse bewogen mich, mich intensiver
damit zu beschäftigen, was die Menschen, die Jahre lang liebevoll mit einem
Haustier zusammen leben, innerlich mit diesen verbindet, und andererseits,
wie die Tiere und auch ihr Tod in unserem christlichen Glauben zu sehen sind.
Dabei stieß ich auf kirchliche Lehraussagen zur „Theologie der Tiere“: Kirchliche Lehraussagen zur Theologie der Tiere In
Deutschland gibt es – Gott sei Dank – seit einigen Jahren gute lehramtliche
Verlautbarungen seitens der katholischen und evangelischen Kirchen in
folgenden Dokumenten: · 1980 von den katholischen
Bischöfen das Dokument „Zukunft der
Schöpfung – Zukunft der Menschheit“. · 1985 das gemeinsame
Dokument der katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland: „Verantwortung wahrnehmen für die
Schöpfung“. · 1993 eine „Arbeitshilfe“
vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema: „Die Verantwortung des Menschen für das
Tier“ Im Dokument von 1985 sind vier theologische
Aussagen enthalten, die einen wesentlichen Wandel in der Sicht der Christen
beinhalten, was die Tiere betrifft: 1.
Die Schöpfungsgeschichte (erkennt) das Tier als
beseeltes Lebewesen an. 2.
Tiere haben ihren Sinn und ihren Wert gerade auch in ihrem
bloßen Dasein, ihrer Schönheit und ihrem Reichtum. (Kap 65) 3.
Die Erlösungstat Jesu Christi erstreckt sich nicht nur
auf den Menschen, sondern auf alle Kreatur.(Kap 61) 4.
Die Hoffnung der Auferstehung schafft eine Hoffnung für
diese Welt; in sie ist die nichtmenschliche Kreatur mit einbezogen. (Kap 60) Weitere wichtige theologische Zitate aus den
genannten kirchlichen Verlautbarungen habe ich im Folgenden zusammengestellt: Die Tiere in der neuen Sicht der Kirche: 1. Tiere sind als Tiere erschaffen,
nicht bloß Nahrungsmittel, Ausbeutungsobjekte oder Ware zum Kaufen oder
Verkaufen. 2. Tiere sind fühlende Wesen; sie
sollen leben können, nicht nur um der Nützlichkeit für den Menschen willen,
sondern um der Schönheit der Schöpfung willen, einfach um zu leben und da zu
sein. 3. Der Mensch soll wieder Sinn gewinnen
für die Schönheit dessen, was er nicht berührt und nicht benutzt. 4. Der Mensch hat die Aufgabe, die
Vielfalt der Arten in der Pflanzen- und Tierwelt zu bewahren und zu schützen.
5. Der Mensch ist berechtigt,
Leistungen und Leben der Tiere in Anspruch zu nehmen. Es ist jedoch nicht zu
verantworten, dass Tiere bloß zum Vergnügen oder zur Herstellung von
Luxusprodukten gequält oder getötet werden. 6.
Wir Christen erfahren die innigste Verbindung mit dem liebenden Gott und mit
der vom ihm geliebten Schöpfung am selben Punkt: Dieser Punkt ist die
Eucharistie. 7. Der Wert eines Tieres geht über die
bloße Nützlichkeit seiner Leistung hinaus; das Tier besitzt einen Eigenwert
vor Gott, den der Mensch zu respektieren hat. 8. Das Ziel der Wege Gottes ist die
Erneuerung der ganzen Schöpfung. 9. Die Christen müssen jenes neue
Denken anstoßen, das zu einem sensibleren Verhältnis der Menschheit zur Natur
führt. Die vollständigen Texte der Dokumente im Internet: „Zukunft der Schöpfung – Zukunft der
Menschheit“ 1980 „Verantwortung wahrnehmen für die
Schöpfung“ 1985 Zur Bestellung: Zum Lesen auf der Website der EKD: „Die Verantwortung des Menschen für das
Tier“ 1993 Nun hat 2015 Papst Franziskus in seiner Enzyklika
„Laudato si“ ebenfalls ähnliche Glaubensaussagen über die „anderen Lebewesen“
formuliert wie die deutschen Bischöfe vor 35 Jahren: (Wir) sind … aufgerufen zu erkennen, dass die anderen Lebewesen vor Gott einen Eigenwert besitzen. (69) Es wäre irrig zu denken, dass die anderen Lebewesen als bloße Objekte angesehen werden müssen, die der willkürlichen Herrschaft des Menschen unterworfen sind. (82) Alle (Geschöpfe) gehen mit uns und durch uns voran auf das gemeinsame Ziel zu, das Gott ist, in einer transzendenten Fülle, wo der auferstandene Christus alles umgreift und erleuchtet. Denn der Mensch, der mit Intelligenz und Liebe begabt ist und durch die Fülle Christi angezogen wird, ist berufen, alle Geschöpfe zu ihrem Schöpfer zurückzuführen. (83) Sämtliche Geschöpfe des Universums, da sie von ein und demselben Vater erschaffen wurden, (sind) durch unsichtbare Bande verbunden … und wir alle miteinander (bilden) eine Art universale Familie, eine sublime Gemeinschaft, die uns zu einem heiligen, liebevollen und demütigen Respekt bewegt.(89) Jesus übernimmt den biblischen Glauben an den
Schöpfergott und betont etwas Grundlegendes: Wenn jemand im Evangelium liest, dass Jesus von den Vögeln spricht und sagt, dass „Gott nicht einen von ihnen vergisst“ (Lk 12,6), wird er dann fähig sein, sie schlecht zu behandeln oder ihnen Schaden zuzufügen? (221) Am Ende werden wir …das Geheimnis des Universums verstehen, das mit uns an der Fülle ohne Ende teilhaben wird. …Das ewige Leben wird ein miteinander erlebtes Staunen sein, wo jedes Geschöpf in leuchtender Verklärung seinen Platz einnehmen … wird, … (243) Wir wissen, dass all das Gute, das es (im Haus der Schöpfung) gibt, einst in das himmlische Fest aufgenommen wird. (244) Lehre uns, den Wert von allen Dingen zu entdecken und
voll Bewunderung zu betrachten; zu erkennen, dass wir zutiefst verbunden sind
mit allen Geschöpfen auf unserem Weg zu deinem unendlichen Licht. (246 Gebet für unsere Erde) Nachtrag: Dass Tiere eine
Seele und damit eine Art von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl haben,
merkte ich bei einem besonderen Erlebnis mit unserem Kater „Tiger“ (+2009): Bei einem Sprung
nach einer Libelle war er im Gartenteich gelandet und krabbelte triefend nass
heraus. Der Anblick des ganzen Vorgangs war so komisch, dass sein Frauchen
sich vor Lachen nicht halten konnte. Dass er nun wegen diesem unangenehmen
Missgeschick nun auch noch ausgelacht wurde, machte ihn so wütend, dass er
aggressiv sein Frauchen ansprang, um sich zur Bestrafung an ihr festzukrallen
und zuzubeißen. >>>
Zum vollständigen Dokument „Laudato si“
Zusammenfassung
meiner Gründe für die Veröffentlichung eines religiösen Bestattungsritus für
Tiere:
1. Als Hilfe für den Trauerschmerz von Menschen, die ein geliebtes Tier durch Tod verloren haben. Als Seelsorger weiß man sich bei allen starken belastenden Gefühlen der Menschen herausgefordert, die spezifischen Hilfen des Glaubens anzubieten. 2. Es ist eine seelische Verbindung zwischen Mensch und Tier über deren Tod hinaus zu spüren. 3. Die neueren Glaubensaussagen der Bischöfe Deutschlands wie auch des Papstes über die Tiere, in denen alte Schätze des Glaubens zur Sprache gebracht werden, zeigen, dass auch die Tiere zur Heilsgeschichte Gottes mit seiner Schöpfung dazugehören. 4. Die Tiere werden als beseelte Wesen anerkannt und sind in die zentralen Aussagen des christlichen Glaubens über Schöpfung, Erlösung und Vollendung eingebunden. 5. Da der praktische Umgang mit den Tieren bei uns und weltweit den Glaubensaussagen der Kirche in vielen Bereichen eklatant widerspricht, können diese Gebete das Bewusstsein für den Wert und Sinn des Lebens der Tiere bei vielen Menschen wecken. 6. Da selbst bei den gläubigen Christen die Glaubensaussagen der Kirche über die Tiere weitgehend unbekannt sind, können diese durch diesen Bestattungsritus hoffentlich stärker ins Bewusstsein rücken. 7. Da auch innerhalb der Kirche so wertvolle und grundlegende Glaubensdokumente wie „Laudato si“ oft schnell wieder in Vergessenheit geraten können, ist es wichtig, dass zeitgemäße Glaubensdokumente zu einer „gebeteten Theologie“ formuliert werden. Nur wenn ein zeitgemäßer Glaube auch die persönliche Spiritualität der Christen prägt, wird er langfristig auch deren Handeln bestimmen.
Manfred Hanglberger (www.hanglberger-manfed.de) Link zum Teilen: https://hanglberger-manfred.de/tiere-bestattungsritus.htm |
>>> Buch-Info „Trauergebete,
Traueransprachen“ (Im Anhang mit Bestattungsritus für Tiere) >>> Presse-Artikel in der „Donau-Post“:
Betrachtungen zur „Theologie der Tiere“ >>> 30 Gebete: formuliert aus dem Geist von „LAUDATO SI“ >>> Zitate-Zusammenstellung aus „LAUDATO SI“ >>> Zitate über die Tiere in „LAUDATO SI“ in anderen Sprachen >>> Tier-Seiten in meiner Homepage (Mit Hilfen für den Religionsunterricht in der Grundschule) >>> Verzeichnis aller Gebete in meiner Homepage
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