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1. Der liebesfähige Mensch braucht die
Erfahrung, selbst umfassend und grundsätzlich geliebt zu sein. Christlicher
Glaube und Gebet wollen den Menschen in eine Beziehung zu Gott bringen, in
der er genau dies erfahren soll: Dass er sich vom Ursprung allen Lebens,
von Gott her, angeschaut, erkannt und anerkannt erfährt. Dass da jemand ist,
vor dem ich mich nicht zu verstecken brauche, vor dem ich keine Masken
aufsetzen muss, sondern der mich umfassend kennt und umfassend zu mir „Ja“
sagt und mich liebt. Diese Erfahrung ermöglicht ein tiefes Selbstwertgefühl
und macht ein Stück unabhängig vom Hunger nach Anerkennung durch die
Mitmenschen, macht frei von der ständigen Angst vor bewertendem und
abwertendem Denken und Reden der anderen. 2. Eine lebendige Beziehung zu Gott, wie
Jesus sie in seinen Gleichnissen darstellt, kann helfen, eigene
Einsamkeitserfahrungen – ob vor der Ehe oder in der Ehe – auszuhalten und
dabei die eigene Originalität klarer zu entdecken und anzunehmen. 3. Das Wort Jesu „urteilt nicht“ und
sein achtungsvoller Umgang auch mit schwierigen und öffentlich verachteten
und ausgegrenzten Menschen lädt uns ein, gegenüber dem Partner auf
Abwertungen und Verurteilungen zu verzichten und immer neu sich auf die Suche
zu machen, ihn zu verstehen und seine Liebenswürdigkeit wieder zu entdecken.
Denn der Glaube sagt uns, Gott liebt und schätzt auch den Menschen, den wir
nicht verstehen, der uns Schwierigkeiten macht, auf den wir vielleicht einen
Zorn haben. 4. Christlicher Glaube will uns unsere
Werthaftigkeit und Liebenswürdigkeit bewusst machen, aber uns auch die Augen
öffnen für unsere Schattenseiten, für die verletzenden und belastenden
Wirkungen unseres Wesens und Verhaltens auf unsere Mitmenschen und auf die
übrigen Geschöpfe. Wir sollen uns auch als Sünder sehen, als Menschen, die
oft seelisch blind, taub, stumm und unbeweglich sind und entsprechender
seelisch-geistiger Heilung bedürfen. Es ist darin die Einladung enthalten,
in Konflikten nicht selbstgerecht unseren eigenen Standpunkt absolut zu
setzen, sondern uns in Frage stellen und uns verunsichern zu lassen, d.h.
auch Kritik und Entrüstung des Partners zuzulassen und in eine suchende
Auseinandersetzung nach gerechten Lösungen mit ihm sich einzulassen. Dies
erfordert auch eine gesunde Haltung der Demut, der Lernbereitschaft und
einer Offenheit für die Sichtweisen des anderen. 5. Christlicher Glaube weiß um die
Erfahrung von Unrecht und Leid, die man nicht immer sofort überwinden und
vermeiden kann. Auch die Volksweisheit weiß davon in der Formulierung „ich
kann dich leiden“, wenn von Liebe die Rede ist. Dies lädt uns ein, bei Belastungen,
Enttäuschungen und Erfahrungen von Unrecht nicht sofort entrüstet die Flucht
zu ergreifen, sondern in einem ehrlichen Ringen und Kämpfen Konflikte
durchzustehen, Spannungen auszuhalten und auch in einer längerfristigen
Durststrecke nicht zu verhärten oder zu verbittern. 6. Wenn wir uns von Gott auch mit
unseren Schattenseiten und unserer Schuld angenommen erfahren, ist dies die
Herausforderung an uns, auch selbst Barmherzigkeit zu schenken und einen
Weg der Versöhnung und Heilung in einer verwundeten Partnerbeziehung zu
suchen und zu wagen. 7. Das Gebot der Nächstenliebe ist mit
dem Hinweis auf Selbstliebe verbunden. Gesunde Selbstliebe und die Achtung
vor der Verantwortung des Partners kann uns davor bewahren, in einer
problematischen Elternersatz-Rolle gegenüber dem Partner zu verharren und uns
in dieser Rolle schamlos von ihm ausbeuten und unterdrücken zu lassen. 8. Jesus erzählt verschiedene
Gleichnisse aus der Natur, in denen es um Wachstum und Reifung geht. Er
versteht das menschliche Leben nicht als ein Funktionieren-Müssen nach
vorgegebenen festen Erwartungsmustern irgendwelcher Autoritäten und nicht als
ein gehorsames Erfüllen von Geboten und Vorschriften, sondern als einen
seelischen, geistigen und gesellschaftlichen Entwicklungs- und Reifungsprozess,
der wesentlich mit dem Wachstum von Wertschätzung und Vertrauen, von Liebe
und Achtung, von Originalitätsbewusstsein und Solidarität zu tun hat. Damit
der Mensch diese Wachstumsprozesse bewusst ermöglichen und fördern kann,
braucht er eine seelisch-geistige Wachheit, eine Kultur der Sensibilität und
Aufmerksamkeit für das, was im Menschen und in seinen Beziehungen
stattfindet, was dort belastet und blockiert ist bzw. was sich dort hervorwagen
und entfalten will. Besonders diese Entwicklung geistig-seelischer Wachheit
und Wahrnehmungsfähigkeit ist für partnerschaftliche Liebe in unserer Zeit
mehr gefordert als je zuvor. 9. Eine indirekte aber grundlegende
Bedeutung für partnerschaftliche Liebe hat das vierte unter den so genannten
„Zehn Geboten“, die wir schon im Alten Testament finden: „Du sollst Vater
und Mutter ehren!“ Dieses Gebot wird in einem der Evangelien auch von Jesus
zitiert, auch wenn er sich selbst der Erwartungshaltung seines Familienclans
und seiner Mutter entzogen hat und deshalb von seinen Verwandten für
„verrückt“ erklärt worden ist. – Ein Rettungsanker für manche auch in unserer
Zeit, die wegen ihres unkonventionellen Verhaltens von Eltern oder
Geschwistern mit einer ähnlichen Bewertung konfrontiert werden. Aber man
kann die Eltern auch „ehren“ in dem man sein Leben innerlich von ihnen annimmt
und sie als Mittler Gottes für das eigene Dasein achtet, ohne sich ihrem Willen
zu unterwerfen. Vor allem gilt es, Vater und Mutter in gleicher Weise zu
achten in ihrer Rolle für mein Dasein, auch wenn die emotionale Beziehung zu
ihnen unterschiedlich sein mag. 10. „Der Mann wird Vater und Mutter
verlassen und seiner Frau anhangen.“ Auch diesen Satz finden wir im Alten und
im Neuen Testament (Gen 2,24; Mk 10,7). Er betont den Vorrang der neuen
Beziehung, der Partnerbeziehung gegenüber der Beziehung zu den Eltern, die
mit Erwartungshaltungen und Forderungen zurücktreten müssen. Sie haben
Anspruch auf Achtung, aber nicht auf Dankbarkeit in Form der „Rückgabe“ des
Erhaltenen oder durch die Ermöglichung von Mitsprachemöglichkeit in den
Familien der Kinder. 11. Jesu Zurückweisung der
Erwartungshaltung und der Forderungen des Familienclans begründet er mit dem
Satz: „Wer ist meine Mutter, wer sind meine Brüder? Es sind die, die den
Willen Gottes tun!“ Jesus reißt sich nicht los von der Familie, sondern
weitet den Familienbegriff aus auf die große Gemeinschaft der Menschen, die
durch gemeinsame, umfassende Werte der gegenseitigen Achtung, der Hilfsbereitschaft
und des Einsatzes gegen alles Menschenunwürdige miteinander verbunden sind.
So lädt er jene, denen es möglich ist, ein, ihre Verantwortung über die
Familie hinaus in Richtung „Menschheitsfamilie“ zu erkennen und
wahrzunehmen. Auch partnerschaftliche Liebe braucht langfristig die
Offenheit, die Sensibilität und Verantwortungsbereitschaft für
gesellschaftliche, soziale oder ökologische Probleme, für die größere Welt
und die Zusammenhänge, in die die Mikrostruktur einer Partnerschaft
eingebettet ist. 12. Jesus weist privilegiertes
Anspruchsverhalten der Männer zurück und drängt damit auf Gleichbehandlung
und Gleichberechtigung von Mann und Frau. Jesus
schützt das Leben einer Ehebrecherin, die gesteinigt werden soll, durch seine
„Aufforderung“: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“
Männliches Fehlverhalten wurde nicht nur zur Zeit Jesu weit weniger geahndet
und öffentlich diffamiert als bei den Frauen. Jesu Verhalten geht dazu in
Opposition. Christen bemühen sich, ihm auch darin nachzufolgen. Aus dem Buch: „Wenn Liebe Leiden
schafft“ von Manfred Hanglberger (Pustet-Verlag) Link zum Teilen: https://hanglberger-manfred.de/ehe-spiritualitaet-12-punkte.htm |
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Geschiedene –Wiederverheiratete (Aus der Perspektive der Bergpredigt) |
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