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Die Geschichte von Kain und Abel
Es war vor mehr als 3000 Jahren im Lande Palästina, in dem Land, in dem viele Jahrhunderte später Jesus geboren werden sollte. Damals lebten dort die meisten Menschen nicht in Häusern, sondern in Zelten; und sie lebten zusammen mit ihren Schaf- und Ziegenherden, mit denen sie weit umherzogen, immer auf der Suche nach Weideplätzen; denn ihre Tiere lebten von den Gräsern und von Blättern aller möglichen Pflanzen und von Sträuchern, die sie in den Steppengegenden und am Rande der Wüsten dort fanden. Der Boden war an vielen Stellen steinig. Aber auch wo das Erdreich besser war, vertrocknete fast alles in den Monaten der Sommerzeit, in denen es nicht regnete. Dann war auch der gute Boden hart und trocken. Die Tiere fraßen dann das vertrocknete Gras, von dem sie aber nur mühsam die heißen Tage des langen Sommers überstanden. Denn der letzte Regen fiel Mitte Mai und erst im Oktober war die Trockenzeit zu Ende und die Menschen tanzten dann voll Freude im Freien, um beim ersten Regen die prasselnden Wassertropfen auf der Haut zu spürend. Nun wussten sie, dass eine schwere Zeit für Menschen und Tiere wieder zu Ende war und die Landschaft bald wieder grünen und blühen würde. Die Tiere würden bald wieder genug zu fressen haben und die Muttertiere würden genügend Milch geben, um ihre Jungen zu ernähren. Und auch die Menschen hätten wieder reichlich zu essen.
Nun gab es in diesem Land aber auch schon Menschen, die nicht mehr mit ihren Tieren herum zogen und in Zelten schliefen, sondern die sich feste Hütten gebaut hatten, in denen sie wohnten. Aber wovon lebten diese Menschen? Sie hatten an Stellen, wo der Boden nicht felsig und steinig war, dort also, wo es gutes Erdreich gab, den Boden gelockert und haben Samenkörner in das Erdreich gesät oder haben Setzlinge hinein gepflanzt. Da wuchsen dann essbare Kräuter, Gemüse, Getreide, Weinstöcke und Obstbäume. Von diesen Pflanzen und von deren Früchte konnten sie leben. Aber dafür mussten sie am Ort ihrer so bestellten Felder und Gärten bleiben; denn sie mussten diese pflegen und beschützen. So konnten sie nicht mehr herumziehen wie die Wanderhirten. Weil sie den Boden bebauten, nannte man sie später „Bauern“. Ein Bauer wusste: dieses Stück Land, auf dem ich mit meiner Hände Arbeit das Erdreich aufgelockert und guten Samen ausgesät habe, auf dem ich mühsam Stauden, Gras, Disteln und andere Pflanzen, die mein Saatgut zu ersticken drohten, ausgerissen habe, wo ich in regenlosen Monaten immer wieder Eimer voller Wasser herbeigeschleppt habe, um das Vertrocknen der jungen Pflanzen zu verhindern: dieses Stückchen Land und die Pflanzen, die darauf wachsen, gehört mir. Diese Pflanzen, von deren Früchten ich lebe, sind grün und verheißen eine gute Ernte wegen meiner Mühe und Sorge. So entstand ein Besitzdenken in Bezug auf den Boden und in Bezug auf Pflanzen und Bäumen, wie es das bisher in der Kultur der Wanderhirten nicht gab. Das Besitzdenken dieser Art war etwas Neues. Und weil es die Wanderhirten nicht kannten, kam es zu Konflikten. Denn in der Trockenzeit, wenn es für die Wanderhirten mühsam war, ihre Tiere am Leben zu erhalten, war die Versuchung groß, ihre Tiere auf die Felder der Bauern zu führen, wo sie genug saftiges Grün vorfanden. Zudem hatten sie kein Verständnis für die Vorstellung, dass man ein Stück Land und Pflanzen als eigenen Besitz versteht. Für sie gehörte das Land und die Pflanzen, die darauf wuchsen immer schon allen Menschen - wie die Sonnenstrahlen und die Luft und das Wasser der Flüsse und der Seen allen gehören. All diese Dinge kann man nach ihrer Vorstellung nicht besitzen und deshalb war es nach ihrer Wertvorstellung kein Vergehen, ihre Tiere dorthin zu führen, wo es gutes Futter für sie gab: auch wenn es die Felder der Bauern waren. Aber der Zorn der Bauern war groß, wenn sie ihre mühsam bestellten und bewässerten Felder von den fremden Tieren abgefressen vorfanden. Keine Ernte bedeutete keine Nahrung zu haben, bedeutete, dass für sie eine Hungersnot drohte. Deshalb haben die Bauern sich immer wieder zusammengetan und haben den Wanderhirten nachgestellt und sie erschlagen. So gab es viele Jahrhunderte eine erbitterte Feindschaft zwischen den Bauern und den Wanderhirten –auch im Land Israel. Aber es lebte damals ein alter Priester bei den Bauern im Land, den der Hass und die Feindseligkeiten zwischen den beiden Volkgruppen in seiner Seele schmerzte. Und da er wusste, dass die alte Erzählung von Adam und Eva bei diesen Menschen bekannt war, erzählte er während eines Opferfestes zum Erntedank folgende Geschichte als Fortsetzung der Adam-und-Eva-Erzählung:
Eva, die Frau Adams; wurde schwanger und gebar Kain. Sie gebar ein zweites Mal, nämlich Abel, seinen Bruder. Abel wurde Schafhirt und Kain Ackerbauer. Nach einiger Zeit brachte Kain dem Herrn ein Opfer von den Früchten des Feldes dar; auch Abel brachte eines dar von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Der Herr schaute auf Abel und sein Opfer, aber auf Kain und sein Opfer schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß, und sein Blick senkte sich. Der Herr sprach zu Kain: Warum überläuft es dich heiß, und warum senkt sich dein Blick? Nicht wahr, wenn du recht tust, darfst du aufblicken; wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon. Auf dich hat er es abgesehen, doch du werde Herr über ihn! Hierauf sagte Kain zu seinem Bruder Abel: Gehen wir aufs Feld! Als sie auf dem Feld waren, griff Kain seinen Bruder Abel an und erschlug ihn. Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein. Kain antwortete dem Herrn: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Du hast mich heute vom Ackerland verjagt, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein, und wer mich findet, wird mich erschlagen. Der Herr aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde.
Und nach der Geschichte fügte er noch hinzu: Gott will, dass ihr erkennt, dass ihr Bauern und die Wanderhirten dieselben Ureltern habt: Adam und Eva. Und dass ihr in den Augen Gottes Brüder seid! Manfred Hanglberger (www.hanglberger-manfed.de) Ähnliche Erzählungen: |
=> Eine kritische Deutung der Geschichte von „Kain
und Abel“ (Kurzfassung, für RU) => Warum es auch heute in Familien
„Lieblingskinder“ und „Schattenkinder“ gibt |
NEU:=> Eine befreiungstheologische
Deutung, die in überzeugender Weise erklärt, welchen Sinn der weitere
Textabschnitt von Kap 4 hat und welchen Zusammenhang das Kap 5 mit dem Kap 4
hat. |
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Katechetische
Impulse: In manchen Schulklassen und in manchen Jugendgruppen ist es möglich, folgende Fragen an die Schüler bzw. an die Jugendlichen, die nicht als Einzelkinder in ihrer Familie aufwachsen, zu stellen: ·
Wer von euch glaubt, dass es in eurer Familie immer
gerecht zugeht? ·
Wer von euch glaubt, dass es in eurer Familie nicht
immer gerecht zugeht? ·
Wer von euch fühlt sich in der Familie gegenüber
Geschwistern bevorzugt? ·
Liegt das daran, dass die Eltern euch als Lieblingskind
sehen? ·
Wer von euch fühlt sich in der Familie gegenüber
Geschwistern benachteiligt? ·
Könnte das daran liegen, dass die Eltern ein anderes
Kind als „Lieblingskind“ sehen? ·
Woran glaubt ihr das jeweils zu erkennen? In der Bibel gibt es eine sehr alte Geschichte, in der man den Eindruck bekommt, dass Gott auch ein Lieblingskind hatte: Die Geschichte von Kain und Abel. Solche alte biblischen
Geschichten enthalten wertvolle Botschaften und haben gleichzeitig Aber, warum es auch in unserer Zeit in manchen Familien „Lieblingskinder“ und „Schattenkinder“ gibt, hat ganz andere Gründe: >>> Siehe Ursachen für „Geschwisterstreit“ |
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