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Die Instruktion über die missionarische Sendung der Pfarrgemeinde Ein Kommentar von Manfred Hanglberger, Pfarrer und Familientherapeut (i.R.)
Die Instruktion über die
missionarische Sendung der Pfarrgemeinde, die am 29. Juni 2020 von der
Klerus-Kongregation veröffentlicht worden ist, enthält nach meiner
Wahrnehmung als Seelsorger sehr wichtige Impulse für eine am Evangelium
orientierte Neuausrichtung.
Aber es entspricht nach meiner Erfahrung auch den Tatsachen, dass das „Gehen zu den Armen und Ausgeschlossenen der Gesellschaft“ – wie es Papst Franziskus immer wieder fordert und auch in diesem Papier immer wieder thematisiert wird - nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Gläubigen in unseren Pfarreien zu ihren grundlegenden Aufgaben als Christen sehen.
Nun wäre es sicher gut gewesen, wenn die Ursachen für dieses Verhalten der Mehrheit der Gläubigen klarer aufgezeigt worden wären: Dass nämlich Jahrhunderte lang in der kirchlichen Verkündigung das „rette deine Seele“ vorherrschend war und entsprechend war die Einhaltung der Kirchengebote und der „Zehn Gebote“ vordringlicher in der kirchlichen Unterweisung als die Mitarbeit am Wachstum des Reiches Gottes in der Welt und das damit verbundene missionarische Engagement der Priester und der Gläubigen. Hier wäre ein „mea culpa“
und ein Eingeständnis der Verantwortung der Kirchenleitung für die jetzige
Situation hilfreich gewesen:
Nun ist es sicher richtig, dass „Gleichgültigkeit, Egoismus, fehlende Nächstenliebe“ (Kap 24) und „Einsamkeit“ (Kap 19 und 26) in den Pfarrgemeinden überwunden werden sollten, um fähig zu werden, zu den Armen (27, 30, 32, 33, 40, 80, 117) gehen zu können und deren „geheimnisvolle Weisheit anzunehmen, die Gott uns durch sie mitteilen will“ (Kap 32). Aber diese hier aufgeführten seelischen Befindlichkeiten haben konkrete psychische Ursachen, die leider weder analysiert noch deren Lösungswege aufgezeigt werden. Die in dem Dokument empfohlene Lösung durch die „Freundschaft mit Jesus“ erweckt den Eindruck, dass damit bereits alle Probleme lösbar seien. Aber die „Freundschaft mit Jesus“ ersetzt nicht die geistig-seelischen Anstrengungen, sondern motiviert, sehr sorgfältig hinzuschauen, um die anstehenden Probleme zu verstehen und Lösungswege zu erarbeiten - ob es sich um ökologische Gefährdungen, um wirtschaftliche, politische oder zwischenmenschliche Ungerechtigkeiten handelt – oder um jene im Dokument erwähnten seelischen Belastungen wie „Einsamkeit“, „Gleichgültigkeit, Egoismus und fehlende Nächstenliebe“. Wir brauchen nicht nur eine Umwelt-Enzyklika und eine Katholische Soziallehre, sondern auch eine Glaubenslehre und Spiritualität, die die psychischen Probleme und Verhärtungen thematisiert und Lösungswege aufzeigt. Hier ist ein erstaunliches Defizit zu beobachten: In diesem Bereich haben die vatikanischen Fachstellen ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
Wenn von den „neuen Formen der Armut“ (Kap 19) die Rede ist, weckt dies die Hoffnung, dass die vielfältigen psychischen Probleme und Konflikte, unter denen besonders die Menschen in den wirtschaftlich hoch entwickelten Gesellschaften leiden, thematisiert werden und Ursachen und Lösungswege aufgezeigt werden. Aber derartiges sucht man dann vergeblich. Als Seelsorger mit Jahrzehnte langer Pfarrei-Erfahrung weiß ich, wie viel psychologisches Wissen, Feingefühl und spirituelle Kompetenz bei den Problemen der Menschen unseres Kulturkreises notwendig sind und wie wenig die traditionellen Formen der Gebete dafür hilfreich sind und wie schmerzlich die Defizite der Glaubenslehre gegenüber diesen Herausforderungen sind. Denn wo kommen in unserem christlichen Menschenbild und in unserer kirchlichen Moralverkündigung die psychologischen Erkenntnisse von Verdrängungen und Projektionen vor, die doch so wesentliche Ursachen für menschliche Konflikte in allen Lebensbereichen sind. Und wo kommen die Erkenntnisse über psychische Wachstums- und Heilungsprozesse und ihre Blockaden vor?
Die Instruktion der Kleruskongregation erweckt den Eindruck, dass hier Kleriker idealistische Vorstellungen von missionarischen Pfarreien am Schreibtisch entwickelt haben, aber weit weg von den wirklichen Problemen der Menschen und deren Ursachen sind, aber andererseits von einem tiefen Misstrauen gegenüber den Menschen (den Laien) erfüllt sind, so dass sie nur durch die totale Konzentration aller kirchlichen Autorität und Macht auf die Kleriker – und damit auf die totale Kontrollierbarkeit „von oben“ setzen.
Was nötig wäre: Hilfestellungen,
um den Menschen in unserem Kulturkreis in ihren Problemen (in ihrer „neuen
Armut“) besser Hilfestellungen, um die Gewissenskompetenz von Klerikern und Laien zu verbessern >>> Hilfestellungen, um die geistige Situation von säkularisierten Gesellschaften besser zu verstehen >>>
Manfred Hanglberger (www.hanglberger-manfred.de)
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