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Überlegungen zur Patriarchen-Geschichte im Alten Testament

 

  1. Ich glaube nicht, dass es sich bei den Patriarchengeschichten um historische Erzählungen handelt, sondern um spätere Berichte, die bestimmte Probleme aus dem Glauben zu lösen bzw. zu erklären versuchen – geschrieben von Menschen, die einerseits vom Hl. Geist inspiriert waren, aber andererseits von ihrer damaligen Zeit und dem damaligen Wissen geprägt waren.

 

  1. Das Phänomen, dass die Zweitgeborenen und ihre Mütter eine so bedeutende Rolle in der Heilsgeschichte spielen, zeigt einerseits, dass Gott sich nicht an die Wert- und Machtvorstellungen der Menschen hält (Die Erstgeborenen sind meist Vatersöhne – und die Väter hatten in den patriarchalen Kulturen die Macht!) und andererseits, dass Gott über die schwächere Seite der Menschen seine Heilsgeschichte voranbringt.
    Dies entspricht der Erkenntnis der Befreiungstheologie, dass die Armen die Wahrheit eher erkennen als die Reichen, weil sie wegen ihrer Armut nicht die vielen Verdrängungs- und Ablenkungsmöglichkeiten haben wie die Reichen in ihrem Konsumverhalten – und wegen ihrer fehlenden Privilegien und Machtpositionen ein anderes Bedürfnis nach Änderung der Verhältnisse haben.

 

  1. Familientherapeutisch sind die Zweitgeborenen meist Muttersöhne. Da es zehntausende von Jahren eine sehr klare Aufgabenverteilung zwischen Frauen und Männern gab (Frauen mussten für die kleinen Kinder Gefühlsspezialistinnen sein, während die Männer als Jäger und Kämpfer Gefühlsverdränger waren), mussten die Zweitgeborenen beide Seiten integrieren und waren deshalb oft die Propheten, Priester und Revolutionäre, die die Heilsgeschichte vorantrieben. Noch heute tragen die Priester in der Liturgie noch Frauenkleider und sind familientherapeutisch meist Muttersöhne.

 

  1. Für die spätere Verteufelung der Erstgeborenen, Kain und Esau, gibt es in den Texten der Bibel keinerlei Anhaltspunkte.
    In meinen Augen sind diese Texte wie auch Röm 9 ein Hinweis, dass diese biblischen Schriftsteller weder die historisch-evolutiven noch die familientherapeutischen Kenntnisse hatten, die wir heute haben.
    Dies ist in meinen Augen aber keineswegs eine Abwertung dieser Personen, aber hilft zu einer heute notwendigen kritischen Unterscheidung.

 

  1. Deshalb habe ich zur Kain-Abel-Geschichte und zur Prüfungsgeschichte Abrahams einige Überlegungen und Geschichten veröffentlicht:
    https://hanglberger-manfred.de/genesis-4-kain-abel-heologie-gebete.htm

https://hanglberger-manfred.de/bibel-gen-22-abraham-isaak.html

  1. Aufgrund meiner Überlegungen zur Abrahamserzählung kann die Bezeichnung „Vater des Glaubens“ nicht auf die Prüfungsgeschichte (Gen 22) bezogen werden.

 

  1.  Wenn im Ersten Hochgebet der Hl. Messe ebenso wie im Hochgebet der tridentinischen („alten“) Messe das Opfer Abels und das Opfer Abrahams als gott-wohlgefällig dargestellt werden, so muss man denen, die heute noch so beten, unterstellen, dass sie von den bibelwissenschaftlichen Erkenntnissen dieser Texte keine Ahnung haben.
    Zum offiziellen Originaltext aus dem Ersten Hochgebet der Hl. Messe:

    So bringen wir aus den Gaben, die du uns geschenkt hast,
    dir, dem erhabenen Gott, die reine, heilige und makellose Opfergabe dar:
    das Brot des Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.
    Blicke versöhnt und gütig darauf nieder und nimm sie an
    wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel,
    wie das Opfer unseres Vaters Abraham,
    wie die heilige Gabe, das reine Opfer deines Hohenpriesters Melchisedek

 

Manfred Hanglberger (www.hanglbergermanfred.de)

 

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 >> Eine Geschichte zu Gen 22: Wie dieser biblische Text entstanden sein könnte

>> Textsammlung zu Gen 22

>> Kain und Abel – Erzählung (Gen 4)

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