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Hat die Kirchenleitung ihre Hausaufgaben gemacht?
Die
Religionen betrifft eine besondere Schuldproblematik, die vielen nicht
bewusst ist: Die Religionen haben unter anderem die wichtige Aufgabe, den
Menschen den Wert und Sinn der Welt und des Lebens zu erschließen. Sie
können aber nur eine zeitgemäße Welt- und Lebenssinn-Deutung anbieten, wenn
sie den ständigen Dialog mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften, der
Psychologie und der Gesellschaftswissenschaften – also mit dem modernen Welt-
und Menschenbild pflegen. Geschieht dies nicht, erscheinen viele Aussagen der
Religionen für immer mehr Menschen als unzeitgemäß und überholt und damit als
unglaubwürdig. Wenn aber die Sinn-Antworten der Religionen als unglaubwürdig
erscheinen, dann verlieren auch ihre moralischen Forderungen an
Überzeugungskraft und Autorität. Diese seelisch-geistigen Defizite
verursachen Orientierungslosigkeit, Sinnlosigkeitsstimmung und in Folge davon
verschärfte Tendenzen in Richtung Egoismus, Gewalttätigkeit und Entsolidarisierung. Vor allem fundamentalistische,
faschistische und andere Gewalt verherrlichende Weltanschauungen und
Religionen bekommen dadurch Auftrieb. Es ist meine persönliche Überzeugung,
dass der Kommunismus und der Nationalsozialismus nur deshalb eine solche
geistige und dann auch gesellschaftliche Macht entfalten und solche
schrecklichen Zerstörungen anrichten konnten, weil ein Jahrhunderte währendes
Sinn-Defizit in den christlichen Kulturen entstanden war, weil es hier keine
überzeugende Welt- und Geschichtsinterpretation mehr gab. Und die tiefere
Ursache dafür liegt meines Erachtens im mangelnden Dialog zwischen der
Religion mit der „Welt“, also mit dem Entwicklungsprozess des Wissens über
die Welt in allen ihren Bereichen. Die Kirchenleitung müsste ihre Hausaufgaben machen: So
wie sie in der „Katholischen Soziallehre“ eine zeitgemäße, anerkannte, ja
imponierende Glaubensbotschaft für die soziologische Dimension der
Wirklichkeit entwickelt hat und diese regelmäßig weiterentwickelt, so müsste
sie auch für die naturwissenschaftlich und für die psychologisch erforschbaren
Dimensionen der Wirklichkeit eine zeitgemäße Glaubenslehre formulieren und
diese ständig weiterentwickeln. Denn ein inkarnatorisch
verstandener Glaube braucht den ständigen Dialog mit der Welt und ihren
verschiedenen Wirklichkeitsaspekten. Nur so gibt es ein zeitgemäßes
Glaubensverständnis, nur so gibt es ein zeitgemäßes Verständnis vom Wirken
Gottes in der Welt, nur so kann eine zeitgemäße Gebetssprache entwickelt
werden. Denn die Gotteskrise oder Glaubenskrise ist nach meiner Überzeugung
darin begründet, dass die Kirche in den Bereichen naturwissenschaftliches
Weltbild und Psychodynamik des Menschen seit Jahrhunderten kein zeitgemäßes
Verständnis vom Wirken Gottes formuliert hat – und die Gebetssprache der
Kirche zum großen Teil ein völlig überholtes Verständnis vom Wirken Gottes in
der Welt widerspiegelt, in dem sich ein großer Teil auch der gläubigen
Menschen unserer Zeit nicht mehr wieder finden kann. Bischof
Oster von Passau hat am 10.07.2017 in „domradio.de“ von einer Umfrage unter
15- bis 35- Jährigen, die von der Kirche in den USA wegbleiben, berichtet,
dass über 60 Prozent als Grund angaben, „weil sie ein
wissenschaftlich-modernes Weltbild nicht mehr für vereinbar halten mit dem
Glauben.“ Dringend wäre eine Enzyklika zum Thema Naturwissenschaftliches
Weltbild und Christlicher Glaube und eine Enzyklika zum Thema Psychologie und Christlicher Glaube, nicht zuletzt, um auf diesen Ebenen dem Fundamentalismus in den
Religionen gegenzusteuern. Viele suchende Menschen, die in diesen Bereichen sich nach Antworten
umsehen, glauben bei der Esoterik fündig werden zu können, denn dort sind
gerade diese Themen, die viele Menschen heute interessieren, sehr vielfältig
behandelt. Während Jahrtausende lang die Naturerfahrung (in allen Religionen – auch
im Christentum) eine der wichtigsten Quellen der Gotteserfahrung und der
Spiritualität war (vgl. die Natur in den Psalmen und in den Gleichnissen
Jesu), wurde sie seit dem Galileo-Konflikt für viele zu einer Quelle des
Zweifels und des Misstrauens gegenüber dem christlichen Glauben. Wir brauchen dringend ein zeitgemäßes
Glaubensverständnis vom Wirken Gottes in der Welt: - auch in der Welt der Natur - und in der Psyche des Menschen Die
Enzykliken dafür fehlen. Meine Hoffnung ist, dass dieses Defizit bald
beseitigt wird. Man stelle sich vor, die Kirche hätte zu Fragen
der Psychologie und des naturwissenschaftlichen Weltbildes Glaubensaussagen
und Gebete, die eine ähnliche Wertschätzung, Überzeugungskraft und Wirkung
hätten wie ihre „Katholische Soziallehre“. Diese neue Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus, die viele alte und über
Jahrhunderte vergessene Schätze der katholischen Glaubenslehre zum
Verständnis der Natur als Schöpfung Gottes wieder hebt und für unsere Zeit
aktualisiert, könnte eine ähnlich wichtige und anerkannte Bedeutung über die
Kirche hinaus bekommen wie die „Kath. Soziallehre“! Was
weiterhin fehlt, ist die Formulierung einer Glaubenslehre, die die
wesentlichen heute erkannten Dimensionen des modernen Weltbildes so aufgreift,
dass sie in ihrer Faszination, Unvorstellbarkeit (Entstehung
des Weltalls aus der Winzigkeit einer Singularität!!??) und Offenheit für das Transzendente erkennbar werden. Um die Glaubensinhalte von „Laudato si“, die für viele
traditionell gläubige Christen revolutionär klingen dürften, besser bekannt
zu machen und um zu helfen, diese ins Glaubensbewusstsein aufzunehmen, habe
ich wichtige in der Enzyklika enthaltenen theologische und spirituelle
Aussagen in Gebete umformuliert, die für Gottesdienste verwendet werden
könnten: >>> Orationen (Gebete): formuliert aus den theologischen
Aussagen von „Laudato si“ >>>
Zur Enzyklika „Laudato si“ >>>
Psychologie und Glaube: Meine Vorschläge Manfred Hanglberger (https://hanglberger-manfred.de ) > Glaubenskrise – von
der Kirche über Jahrhunderte verursacht > Zeitgemäße Glaubensvorstellungen > Vorschläge für eine zeitgemäße Neu-Evangelisierung > Atheismus und Familienschicksal > Eheprobleme: mögliche Ursachen und Hilfen |