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Heilende Übungen für seelische Belastungen aus dem Kindheitsschicksal

Wichtige seelische Belastungen können durch die Erfahrungen in der Kindheit und Jugendzeit mit den Eltern verursacht sein.

Dabei sind drei verschiedene Ursachen für seelische Schmerzen zu bedenken, die jeweils drei unterschiedliche heilende Riten erfordern.

 

Drei unterschiedliche Ursachen für seelischer Schmerzen:

1. Weil man von den Eltern zu wenig an Zuwendung, Aufmerksamkeit und Gaben empfangen hat.
(Zu wenig Nähe, Zuwendung und Versorgung: Ungestillter seelischer Hunger)

Heilungsritus:
Das Leben von den Eltern annehmen und auf Vermisstes verzichten (Siehe unten)

 

2. Weil man von den Eltern verletzt, gedemütigt, misshandelt worden ist.
(Verletzende Nähe: Grenzüberschreitungen: Seelische Wunden)

Heilungsritus:
Das Leben von den Eltern annehmen und sich schützen können
>>>

 

3. Weil man von den Eltern in eine unangemessene Helfer-Rolle gedrängt wurde oder sich selbst durch eine unangemessene Helfer-Rolle überfordert hat.
(Überfordernde Nähe: Verlust von Kindheit und Jugendphase: zu frühe Erwachsenen-Rolle)

Heilungsritus:
Das Leben von den Eltern annehmen und Helfer-Rollen verabschieden >>>

 

Manche Menschen leiden nicht nur unter einer einzigen der hier aufgeführten Schmerz-Ursachen, sondern unter zwei oder sogar unter allen drei Ursachen. Entsprechend müssen dann auch die Heilungsriten kombiniert oder nacheinander vollzogen werden.

 

Wie Indianer das Problem sehen und angehen:

„Ein (indianischer) Medizinmann … : „Für uns ist es wie ein Naturgesetz: Die Eltern setzen die heilige Wunde. Es ist die Wunde, die mir als Tochter oder Sohn zum Heil werden muss. Es ist meine Aufgabe im Leben, diese Wunde zu heilen.

 

Dabei wird nicht nach Schuld oder Versagen gefragt, sondern nach der Verantwortung für das eigene Leben. Die Opfermentalität bekommt hier keinen Raum.

… Mit welchen Kräften wollen wir antworten, wie wollen wir handeln, um nicht mehr Opfer, sondern selbst verantwortlich für unser Leben zu sein?“

(Aus: Linda Jarosch, „Ich liebe die Frau, die ich bin“; S. 109)

 

 

Zu 1.: „Das Leben von den Eltern annehmen
und auf Vermisstes verzichten“

 

Heilender Ritus: Die Sehnsuchtshände zurückziehen und Verzicht üben:
Wenn man zu wenig an Zuwendung, Aufmerksamkeit und Gerechtigkeit erfahren hat

 

Der folgende „Verzichtsritus“ besteht aus sechs Elementen:

 

1.   Lebensannahme von den Eltern

2.   Verzicht üben

3.   Lebensannahme von der „Mutter Natur“
(für gläubige Menschen auch von Gott als Quelle des Lebens)

4.   Verbundenheit mit der großen Lebensgemeinschaft der Natur

5.   Entdeckung und Bejahung der eigenen Originalität

6.   Verantwortung gegenüber der Lebensgemeinschaft der Natur:
Die eigene Berufung und den eigenen Platz in der Welt finden

 

Wenn möglich stellt man den eigenen Stuhl so, dass der Rücken zu einem möglichst großen Fenster zeigt, durch das man in die Natur schauen kann.

Vor diesem Stuhl positioniert man zwei weitere Stühle, auf denen in der Vorstellung die Eltern so sitzen, dass sie einem zugewandt sind.
Während man auf dem eigenen Stuhl sitzt, kann man den angemessenen Abstand für die Stühle der Eltern suchen. Wer möchte, kann Symbole für die El

tern oder Fotos von ihnen auf den Stühlen anbringen, um das Bewusstsein für deren Gegenwärtigkeit und damit den Kontakt zu ihnen zu erleichtern.

War das Verhalten der Eltern sehr unterschiedlich, ist es notwendig, diesen Ritus einmal für die Mutter und einmal für den Vater zu machen. Manchmal ist es nur notwendig gegenüber jenem Elternteil die Übung zu machen, den man als problematisch erlebt hat.

 

 

1.   Lebensannahme von den Eltern

 

Auf dem eigenen Stuhl sitzend hält man beide Hände geöffnet den Eltern entgegen und nimmt das Leben selbst und alles, was man an Notwendigem, Erfreulichem und Wertvollem von ihnen erhalten hat, entgegen:

 

„Liebe Eltern (lieber Vater, liebe Mutter), von euch ist mir das Leben zugeflossen, ohne euch und ohne eure Beziehung zueinander gäbe es mich nicht.

Ich nehme meinen Körper und mein Leben als Ganzes bewusst von euch an!

Und all das, was ihr mir im Laufe meiner Kindheit und Jugendzeit gegeben habt: an Nahrung und Kleidung, an Wohnung und Zuwendung seelischer und materieller Art, alles, was ihr mir gegeben habt, was mir nötig war, erwachsen zu werden und ein selbständiger Mensch zu werden, nehme ich jetzt bewusst von euch an.

 

 

2.   Verzicht üben

 

Dann spüre ich hin, in welcher Hinsicht meine Hände in der Beziehung zu den Eltern leer geblieben sind:

Was hat mir gefehlt an Zuwendung, an Aufmerksamkeit und Anteilnahme, an seelischer und materieller Hilfestellung, an Achtung und Wertschätzung?

Ich benenne konkret meine alten Enttäuschungen und evtl. Ungerechtigkeiten, die ich im Vergleich zu meinen Geschwistern empfunden habe.

 

Hiermit erkläre ich, dass ich auf all das, was ich nicht von euch erhalten habe, verzichte und die alten Enttäuschungen in der Vergangenheit belasse.

Aber das, was ich von euch erhalten habe, nehme ich nun ganz bewusst in mich auf und achte es als Teil meines Lebens und mache etwas Sinnvolles und Wertvolles daraus – auch euch zur Ehre.“

 

Bei diesen Worten ziehe ich beide ausgestreckten Hände langsam zurück und lege eine Hand auf meinen Bauch und die andere auf meine Brust, so, wie wenn ich etwas in meinen Körper hineinnehmen würde.

Wenn man viel über eine problematische und schmerzhafte Kindheit der Eltern weiß, kann man die Worte evtl. ergänzen mit:

„Ich sehe heute, dass ihr das, was ich von euch erwartet und vermisst habe, selbst nicht empfangen hattet. Dass es euch gar nicht zur Verfügung stand.“

Evtl. oder:

Ich sehe heute, dass ihr so mit euren Belastungen (aus eurer Kindheit?) beschäftigt und blockiert wart, dass ihr mich nicht richtig wahrgenommen habt (dass ich euch mehr Last als Freude war?).

 

3.   Lebensannahme von der „Mutter Natur“
(für gläubige Menschen auch von Gott als Quelle des Lebens)

4.   Und Verbundenheit mit der großen Lebensgemeinschaft der Natur

 

Dann dreht man seinen Stuhl um und blickt durch das Fenster in die Natur hinaus. Wenn das Fenster keinen Blick in die Natur bietet, stellt man sich eine weite schöne Naturlandschaft vor. Später sucht man sich eine reale Naturlandschaft und vollzieht diesen letzten Teil der Übung im Freien innerlich noch einmal.

 

„Ich bin nicht nur Kind meiner Eltern. Die große Mutter Natur hat alles Leben hervorgebracht und ernährt es und gibt ihm Luft zum Atmen.

Ich weiß mich verbunden und dazugehörig zur großen Lebensgemeinschaft der Mutter Erde.“

 

Mögliche Formulierung für religiöse Menschen:

„Ich bin nicht nur Kind meiner Eltern. Ich bin gewollt und bejaht von der Quelle allen Lebens und von der Quelle aller lebensbejahenden Kräfte, die viele Menschen „Gott“ nennen.

„Gott“ schaut mit Liebe und Wohlwollen jetzt auf mich. Bei ihm bin ich umfassend und bedingungslos angenommen und akzeptiert. Er sagt JA zu meinem Dasein und schenkt mir das Bewusstsein meiner absoluten Würde und Daseinsberechtigung - unabhängig davon, wie andere Menschen mich sehen und beurteilen, unabhängig auch davon, was ich meinen Eltern bedeute.

„Gott“ hat mir über die lange Entwicklung des Universums und über die lange Entwicklung des Lebens auf dieser Erde mein Dasein ermöglicht.

Durch die große „Mutter Natur“, die die Vielfalt allen Lebendigen hervorgebracht hat, hat er auch mir mein Leben geschenkt.

So weiß ich mich verbunden und dazugehörig zur großen Lebensgemeinschaft auf unserer Erde. Ich bin ein „Kind Gottes“ und ein Kind der „Mutter Erde“ und darf geistig und seelisch mich entwickeln und in jeder Hinsicht erwachsen werden: um eigenständig und verantwortungsvoll mein Leben zu gestalten – in Verbundenheit mit der großen Gemeinschaft allen Lebens.“

 

 

5.  Entdeckung und Bejahung der eigenen Originalität

 

„Ich bin ein Kind der Mutter Erde und weiß um meine Originalität und Einzigartigkeit.

Ich bin ein Wunderwerk der Natur: Kein Mensch kennt mich ganz und umfassend.

Ich selbst bin mein Leben lang unterwegs, mich immer besser zu verstehen und meine körperlichen, meine geistigen und seelischen Kräfte und Möglichkeiten zu erkennen und zur Entfaltung zu bringen.

In meiner Originalität darf ich anders sein als jeder andere Mensch, anders auch als meine Eltern. Deshalb brauchen meine Eltern mich nicht immer zu verstehen.
Meine Daseinsberechtigung und mein Wohlergehen hängt nicht vom Denken, von den Erwartungen und den Entscheidungen meiner Eltern ab.


Aber auch ich brauche meine Eltern nicht immer zu verstehen – trotzdem achte ich sie als Mittler des Lebens für mich und nehme mein Leben von ihnen an und gebe ihnen einen Platz in meinem Herzen.

 

 

6.   Verantwortung gegenüber der Lebensgemeinschaft der Natur:
Die eigene Berufung und den eigenen Platz in der Welt finden

 

Liebe Eltern, ihr sein hinter mir, durch euch ist mir das Leben zugeflossen. Was ich von euch bekommen habe, darf durch mich nach vorne weiterfließen (in meine Partnerschaft, in meine Familie hinein) zu anderen Menschen und zum Wohl und Segen der großen Lebensgemeinschaft der Erde mit Menschen, Tieren, Pflanzen, Naturelementen, …

Ich möchte (ich habe?) meinen Platz in dieser Lebensgemeinschaft der Erde finden
(
Bzw.: Ich habe meinen Platz in dieser Lebensgemeinschaft der Erde gefunden …)
und möchte meine Originalität zur Entfaltung bringen und dem Leben auf dieser Erde dienen.“

 

Ich schließe die Augen, atme einige Male tief aus und lasse den Atem wieder tief in mich einströmen und spüre noch einmal meine Verbundenheit mit der großen Lebensgemeinschaft der Erde. Dann strecke ich meine Arme und Beine und stehe auf.

 

Manfred Hanglberger (www.hanglberger-manfred.de)

 

 

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Weitere Analysen und Hilfestellungen für Beziehungsprobleme in den Büchern von Manfred Hanglberger:

 

>> „Wenn Liebe Leiden schafft“

>> „Die Geburt des ICH – Wie die Seele zur Welt kommt“

>> „Tränen, die heilen – Neue Wege der Trauerarbeit!
>> „Der sinnvolle Umgang mit Schuldgefühlen“ (Buch-Info)

 

Weitere Themen und Hilfen in dieser Homepage:

>> Zur Zusammenstellung der „Wichtigen therapeutischen Übungen“

>> Schuldzuweisungen gegen Eltern?? (Konflikte zwischen Erwachsenen und ihren Eltern)

>> Geschwister-Streit

>> Familientherapeutische Eigenverantwortung
>> Bedeutung christlicher Spiritualität für die Partnerschaft


>> Familienpastoral  (Verzeichnis)
>> Die Seele des Kindes

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