Spiritualität ist die
geistig-seelische Kultur
>> der Suche,
>> der Entdeckung und
>> der Beziehungspflege
zu einer seelisch-transzendenten
Wirklichkeit.
Christen und auch viele andere
religiöse Menschen verstehen diese Wirklichkeit als ein personales Gegenüber,
das sie Gott nennen. Von ihm glauben sie sich umfassend und grundsätzlich
bejaht, von ihm wissen sie sich umgeben und im Innersten berührt; die
Beziehung zu ihm schenkt ihnen ein tiefes Gefühl der Sinn- und Werthaftigkeit
ihres Daseins. Sie gibt ihnen Geborgenheit, einen inneren Halt und sie
vermittelt ihnen eine tiefe Lebens- und Daseinsberechtigung. Von ihm erfahren
sie ein Ja zum Ganzen ihrer Lebensgeschichte, in der die Licht- und
Schattenseiten ihres Wesens, in der alle Stimmungen und Gefühle mit
aufgenommen sind. Sie erfahren in dieser Beziehung eine Angstfreiheit, durch
die sie nichts verdrängen oder verbergen müssen, die ihnen vielmehr hilft,
sich selbst ehrlich und umfassend anzuschauen. Sie erfahren Gott als den, der
sie bewegt, ehrlich hinzuschauen auf das Netzwerk ihrer
Beziehungswirklichkeit mit nahen und fernen Menschen, mit Tieren und anderen
Geschöpfen, mit Naturelementen und auch mit ihm selbst, dem Geheimnis und
Ursprung aller Wirklichkeit, das hinter allem wirkt und das alles im
Innersten miteinander verbindet.
Das alles erfahren sie als
„göttliche Liebe“. Und gläubige Menschen sind überzeugt, dass in jedem
Menschen ein großer Hunger nach dieser umfassenden und vieldimensionalen
Liebe existiert.
Solche Spiritualität, solche Erfahrung
des „Geliebtseins von Gott“ vermittelt ein
seelisches Wissen, dass es Gott grundsätzlich gut mit uns meint und dass er
uns in allen unseren Problemen und Sorgen helfen will - aber im Sinne einer
„Hilfe zur Selbsthilfe“. Er nimmt uns unsere Probleme nicht ab, er entmündigt
uns nicht, sondern hilft uns, sie zu lösen und mit ihnen so zu leben, dass
sie uns nicht lähmen, sondern dass sie uns zum Segen werden.
Christen sehen in der Botschaft
Jesu das Bild eines Gottes, der uns auch bei unseren Schuldproblemen helfen
will – nicht strafend, sondern heilend – , der uns
die Konsequenzen unseres Fehlverhaltens aber nicht abnimmt, sondern hilft,
sie zu tragen und dafür Verantwortung zu übernehmen. Es gehört zu den
zentralen Aussagen der Evangelien, dass uns Gott auch als „Sünder“ liebt und
uns hilft, uns selbst – trotz unserer Schuld – wieder anzunehmen und unser
Leben wieder zu bejahen und es verantwortungsvoll und segensreich für uns
selbst, für die Mitmenschen und für die ganze Schöpfung zu gestalten.
(Aus: Ich bin schuld! –Der
sinnvolle Umgang mit Schuldgefühlen, M.Hanglberger,
Pustet-Verlag)
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Spiritualität
hat vor allem folgende Ziele:
>> Dem Leben zu
vertrauen, das Leben trotz so vieler Leiden als wertvoll zu empfinden, das
Leben in der Vielfalt seiner Entwicklungsphasen und seiner unterschiedlichen
Stimmungen als eine Einheit, als etwas Ganzes zu verstehen, das mir Gott
geschenkt hat.
>> Die
Vergänglichkeit der äußeren Gestalt, der körperlichen Daseinsform bewusst
wahrzunehmen und zu akzeptieren, die Angst vor der Vergänglichkeit annehmen
und aushalten. Sich (von Gott) wahrgenommen, bejaht und geliebt erfahren.
>>
Den eigenen
Körper und die eigene Seele mit der Vielfalt und Gegensätzlichkeit der
Gefühle und Stimmungen wahrzunehmen und zu bejahen.
Im Haus des eigenen Körpers (als „Tempel des Hl. Geistes“) zu Hause zu sein,
gerne
darin zu wohnen.
>> Im Haus
menschlicher Gemeinschaft zu Hause zu sein; Beziehungen des Vertrauens, der
Verbundenheit und der Solidarität mit anderen Menschen zu pflegen. Eine
Kultur der Anteilnahme am Schicksal der Mitmenschen zu entwickeln und ebenso
eine Kultur der Selbstmitteilung gegenüber anderen.
>> Im Haus der
großen Mutter Natur zu Hause zu sein, die anderen Geschöpfe als Mitbewohner
in diesem Hause zu achten und gut mit ihnen umzugehen.
>>
Im Haus der
Zeit, der Geschichte meiner Vorfahren, meines Volkes, der Menschheit zu Hause
zu sein. Mich verbunden zu fühlen mit dem Schicksal meiner Eltern und
Großeltern, deren Weg und Entscheidungen zu achten und mein Leben als etwas
Neues auf dem Fundament der Vergangenheit zu gestalten.
Vgl: „Ich bin zornig – und das ist gut so!“ M.
Hanglberger, Pustet-Verlag
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