Die Lösung
der Autoritätskrise der Kirche braucht die Lösung von 5 Krisen
Das Vertrauen in die Kirche war schon vor dem
Missbrauchsskandal seit Jahrzehnten ständig am Schwinden – ohne dass deswegen
gründliche Analysen und Reformschritte unternommen worden wären.
Wer sich mit Glaube und Kirche intensiv
beschäftigt, kann erschrecken, wie vielschichtig und gewaltig der Reformstau
ist, der Kirche und Glaube in unserer Zeit belastet.
Es wäre wohl dringend eine europäische Synode
notwendig, die sich über einige Jahre mit den anstehenden Problemen
beschäftigt, um nicht nur die aktuelle Missbrauchskrise, sondern auch die
schon seit Jahrzehnten sich entwickelnde Kirchen- und Glaubenskrise zu lösen.
Nach meiner Wahrnehmung hat der seit
Langem anhaltende Vertrauensverlust, den man auch als Autoritätskrise
bezeichnen kann, fünf wesentliche Dimensionen:
1. Glaubenskrise
2. Gottesdienstkrise
3. Gebetskrise
4. Moralische
Orientierungskrise
5. Kirchenstrukturkrise
Da die Glaubenskrise, die Gottesdienstkrise,
die Gebetskrise und die moralische Orientierungskrise mit Defiziten in der
Aktualisierung der Glaubenslehre zu tun haben, für die der Vatikan die
Verantwortung trägt, wäre es dringend notwendig, den Papst und die
zuständigen Vatikanstellen zu bitten, ihre ungemachten Hausaufgaben zu
erledigen, bevor man Kirchenstruktur-Anliegen in Form von Anträgen nach Rom
schickt.
Worin bestehen nun nach meiner Überzeugung
die wichtigsten unerledigten Hausaufgaben, die zusätzlich zu den von
den vier Forumsteams zur Vorbereitung des Synodalen Weges erarbeiteten
Reformanträgen als Bitten (Anträge) so schnell wie möglich nach Rom oder an
andere zuständige kirchliche Stellen geschickt werden sollten?
1. Bei der Glaubenskrise geht es um die
Tatsachen, dass der Vatikan es versäumt hat, eine zeitgemäße Glaubenslehre
zum Thema Psychologie und Glaube zu formulieren, die eine der Kath.
Soziallehre vergleichbare Qualität hätte.
Es kann nicht sein, dass so wichtige psychologische Erkenntnisse wie
Verdrängungen und Projektionen, die so wesentlich unsere menschlichen
Beziehung belasten und Konflikte aller Art in den Familien, im Berufsleben
und in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens verursachen, von der
kirchlichen Glaubenslehre nicht zur Kenntnis genommen werden.
Auch die psychologischen Erkenntnisse über seelische Reifungsprozesse und
ihre Blockaden und deren Zusammenhang mit unserem christlichen Menschenbild
sucht man in der kirchlichen Glaubens- und Morallehre und in unserer
liturgischen Gebetskultur vergebens.
Ähnlich defizitär ist die kirchliche Glaubenslehre im Bereich
„naturwissenschaftliches Weltbild und christlicher Glaube“.
Am ärgerlichsten aber ist die Tatsache, dass das Hauptproblem der Kirche in
Europa, die „Säkularisierung“, nicht umfassend erforscht und Schritte der
Lösung gegangen werden. „Säkularisierung“ erscheint in kirchlichen
Verlautbarungen meist als eine Art Gespenst, obwohl der Prozess der
Säkularisierung von der Bibel angestoßen und der Kirche als Gestaltungsauftrag
anvertraut ist.
Meine Analyse und meine Empfehlungen:
Säkularisierung: https://hanglberger-manfred.de/saekularisierung-ursachen-und-loesung.htm
Psychologie
und Glaube: https://hanglberger-manfred.de/neuevangelisierung-sorge-um-unser-inneres-haus.htm
Anträge an den Vatikan, an die Glaubenskommission
der DBK und an die Professoren unserer theologischen Fakultäten:
Bitte um Erarbeitung und Veröffentlichung von aktualisierten Glaubenslehren
zu den Themen:
„Das christliche Menschenbild im Dialog mit den Erkenntnissen der modernen
Psychologie“.
„Das christliche Weltverständnis und Menschenbild im Dialog mit den
Erkenntnissen der Naturwissenschaften“.
„Säkularisierung als Gestaltungsaufgabe der Kirche“
„Glaubensverkündigung in einer säkularisierten Gesellschaft“.
Bitte um Vorbereitung und Durchführung einer europäischen Synode zur
Aufarbeitung des Säkularisierungsproblems.
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2.
Die
Gottesdienst-Krise:
Die Eucharistiefeier gilt als „Mitte und Höhepunkt des christlichen
Glauben“, aber für 90% der Gläubigen scheint sie bedeutungslos. Bei
sorgfältiger Analyse sind gravierende Defizite zu erkennen:
Der „Neue Bund“ wird zwar in den Einsetzungsworten erwähnt, kommt aber im
Sinne seiner Verheißung (Jer 31,33-34) in den Texten und Gebeten der
Messfeier inhaltlich nicht vor.
Die Aktualisierung der Glaubenslehre über die Erlösungsbedürftigkeit und über
das Erlösungsgeschehen in der Erlösungsenzyklika REDEMPTOR HOMINIS von 1979
ist bei den Gläubigen unbekannt, weil sie keinen Eingang in die Liturgie und
Gebetskultur der Kirche gefunden hat. Zudem bräuchte eine zeitgemäße
Formulierung der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen eine umfassende
Entfaltung.
Das Welt- und Menschenbild der Eucharistiefeier ist weitgehend statisch und
nicht heilsgeschichtlich prozesshaft.
Ausführlicher dazu:
„Eucharistische Mahlfeier statt anonymer Stehempfang“:
https://hanglberger-manfred.de/eucharistiefeier-als-mahlgemeinschaft.htm
Die „Feier des Neuen Bundes“: https://hanglberger-manfred.de/eucharistie-feier-des-neuen-bundes.htm
Antrag an den Vatikan, an die Liturgiekommission
der DBK und an die Professoren unserer theologischen Fakultäten:
Die theologischen Defizite der Eucharistiefeier sind umfassend zu analysieren
und eine Neugestaltung ist zu erarbeiten.
Die Konsequenzen für die Anforderungen an die Leitungspersonen einer
erneuerten Gestalt der Eucharistiefeier sind zu erarbeiten.
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3. Gebetskrise:
Weltbild, Menschen- und Gottesbild vieler unserer Gebete entsprechen
nicht dem Evangelium und den Sorgen und Bedürfnissen der heutigen Menschen.
Die grundlegende theologische Erkenntnis von der „Subsidiarität“ wurde
für die Beziehung Gottes zur Welt und zu uns Menschen für unsere Gebetskultur
weder bedacht noch verwirklicht.
Meine Analyse und meine Empfehlungen:
https://hanglberger-manfred.de/gebete-zeitgemaess.htm
Vorschläge für Orationen aus der Spiritualität von „Laudato si“:
https://hanglberger-manfred.de/enzyklika-laudato-si-orationen.htm
„Subsidiarität“, um Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
miteinander zu verbinden:
https://hanglberger-manfred.de/gottes-gerechtigkeit.htm
Anträge an den Vatikan, an die
Liturgiekommission der DBK und an die Professoren unserer theologischen
Fakultäten:
- Aus der Theologie und Spiritualität der neueren
Glaubensdokumente (Gaudium et Spes, Redemptor hominis, Sollicitudo rei
socialis, Evangelii Gaudium, Laudato si, …) sind Orationen für den
gottesdienstlichen Gebrauch und für die persönliche Spiritualität zu
formulieren (Die Aktualisierung der Glaubenslehre sollte zu einer „gebeteten
Glaubenslehre“ führen).
- Nach einer Aktualisierung unserer Glaubenslehre in den Bereichen
„Psychologie und Glaube“ und „naturwissenschaftliches Weltbild und Glaube“
sollten auch daraus zeitgemäße Gebete formuliert werden.
- In der Gestaltung der Liturgie und unserer Gebetskultur ist die
Subsidiarität Gottes in seiner Beziehung zu uns Menschen und zur Welt und
damit die Größe unserer Verantwortung zu integrieren.
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4. Moralische Orientierungskrise:
Moralverkündigung der Kirche war traditionell und im Bewusstsein auch heute
noch vieler Menschen auf Sexualmoral und auf die Einhaltung der Kirchengebote
konzentriert und reduziert. Auch zeitgemäße Sozialverkündigung wird immer
weniger gehört, weil die frühere entmündigende und leib- und lustfeindliche
Sexualmoral im Bewusstsein vieler vorherrschend ist. Gehorsamsdenken,
Bevormundung und Angstmacherei früherer Zeiten wirken immer noch mächtig
nach.
Psychologische Erkenntnisse sind in der Kirche nicht verarbeitet; z.B. die
Wirkung von Verdrängungen und Projektionen auf das menschliche Verhalten.
Statt zeitgemäßer und psychologisch und spirituell fundierter
Gewissensbildung hat sich die Aufspaltung bei den Gläubigen in Richtung
„Liberalismus“ einerseits und „zwanghaftem Gehorsamsdenken“ andererseits verschärft.
Meine Analysen und Empfehlungen zur
Gewissensbildung und zur Autorität der Bibel:
https://hanglberger-manfred.de/neu-evangelisierung-gewissensbildung.htm
https://hanglberger-manfred.de/bibel-zeitgemaesses-verstaendnis.htm
https://hanglberger-manfred.de/ehe-urteilt-nicht-gebote-jesu.htm
Anträge an die DBK und an die Professoren
unserer theologischen Fakultäten:
Bitte um eine Erarbeitung eines Pastoral- und Ausbildungsprogramms
für die Verwirklichung einer zeitgemäßen Gewissensbildung im Sinne der
Konzilsaussage:
„Die Würde des Menschen
verlangt, dass er in bewusster und freier Wahl handle,
das heißt personal, von innen her bewegt und geführt
und nicht unter blindem innerem Drang oder unter bloßem äußerem Zwang.“ (GS
17)
Bitte an die
DBK, an die Fundamentaltheologen und an die Bibelwissenschaftler
um die Erforschung der Entstehung und der grundsätzlichen Bedeutung von
sogenannten „Heiligen Schriften“ und eines sinnvollen Umgangs mit ihnen.
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5. Kirchenstrukturkrise:
Fehlende Gewaltenteilung ermöglicht Machtmissbrauch.
Extremer Klerikalismus: „Hochwürdigkeitsbewusstsein“ wird vielfach gefördert.
Zölibatsverpflichtung fördert ausgeprägtes Standesdenken und degradiert die
Laien.
Männerherrschaft: Frauen sind von Ämtern und allen wesentlichen
Entscheidungsprozessen ausgegrenzt. Gehorsamsversprechen statt Verpflichtung
auf Werte.
Autoritäre Machtstrukturen machen die Verkündigung der Frohbotschaft
unglaubwürdig.
Meine Analysen und meine Empfehlungen:
Kirchenstrukturen müssen dem ganzheitlichen Wohl und Heil der
Menschen dienen:
https://www.hanglberger-manfred.de/neu-evangelisierung-kirchenstrukturen.htm
Eine werteorientierte Demokratie ist keine „Diktatur der
Mehrheit“:
https://hanglberger-manfred.de/kirche-und-demokratie.htm
Die jetzigen kirchlichen Strukturen widersprechen der Botschaft
Jesu:
https://hanglberger-manfred.de/autoritaet-und-machtmissbrauch.htm
Frauen in kirchlichen Ämtern?
https://www.hanglberger-manfred.de/neuevangelisierung-sackgassen-der-kirche.htm
Verheiratete Priester?
https://hanglberger-manfred.de/zoelibat.htm
Neben den geplanten Anträgen der Foren
ein zusätzlicher Antrag an die DBK und an die Professoren unserer
theologischen Fakultäten:
Die
psychologischen Gründe für eine Zölibatsentscheidung sind zu erforschen.
Beim Thema Zölibat ist in unserer Zeit zu bedenken, dass diese Lebensform der
Priester nicht immer (nur) ein Zeichen tiefer Christusverbundenheit und ein
Zeichen göttlicher Gnade sein muss.
Es gibt auch psychologische Gründe, die beitragen können, sich für diese
Lebensform zu entscheiden: Beispiele:
·
Unbewusstes Sühneverhalten wegen Schuldgefühlen, die man von einem
Vorfahren übernommen hat;
·
unbewusste Minderwertigkeitsgefühle;
·
Unsicherheit in der eigenen Geschlechtsidentität und einer damit
verbundenen Kontakthemmung gegenüber dem anderen Geschlecht;
·
starke Mutterabhängigkeit, die zu einer Flucht vor Frauen führen
kann;
·
Eltern, die unter Minderwertigkeitsgefühlen leiden, will man als
„hochwürdiger“ Sohn Ehre verschaffen; usw.
Es gehört zu den großen Defiziten in der Katholischen Kirche, dass
diese psychologischen Gründe für eine Zölibatsentscheidung zu wenig erforscht
sind. Andererseits ist es eine alte spirituelle Erkenntnis, dass Gott auch
aus der Schuld, aus psychischen Deformationen und Defiziten Heil schaffen
kann. Aber wenn die psychischen Voraussetzungen nicht erkannt sind, können
auch deren manchmal sehr problematischen Nebenwirkungen nicht erkannt werden,
um diese zu bearbeiten und abzuschwächen. Manche psychischen Belastungen
können aber Kriterien sein für die Ablehnung der Übernehme eines wichtigen
kirchlichen Amtes.
Manfred
Hanglberger (www.hanglberger-manfred.de
)
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